Statistiken zufolge scheidet jeder vierte Arbeitnehmer vor Erreichen des Rentenalters aus dem Arbeitsleben aus. Wer nur gesetzlich pflichtversichert ist, muss dann mit großen finanziellen Einbußen rechnen. Die Berufsunfähigkeitsversicherung schließt diese Lücke durch eine monatliche Rente. Doch welche Kosten verursachen die Beiträge und wer benötigt eine BU? Diese und viele weitere Fragen beantwortet der Kostencheck-Experte im nachfolgenden Interview.
Was ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung?
Kostencheck: Können Sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in Ihrem Beruf arbeiten, besteht das Risiko, dass Sie durch das staatliche Sicherheitsnetz rutschen, denn für alle, die ab dem 2. Januar 1961 geboren sind, wird dann nur noch eine kleine Erwerbsminderungsrente bezahlt. Die entstehende finanzielle Lücke lässt sich durch eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente schließen.
Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung spielt es zudem keine Rolle, warum Sie nicht mehr in der Lage sind, Ihre Berufstätigkeit auszuüben. Es zählt einzig der ärztliche Nachweis, dass Sie zu mindestens 50 Prozent berufsunfähig sind. Die Höhe der Rente wird zuvor im Vertrag vereinbart, das heißt, sie orientiert sich nicht am letzten Verdienst.
Mit welcher Beitragshöhe muss ich rechnen?
Kostencheck: Wie hoch die Beiträge sind, ist von nachfolgenden Faktoren abhängig:
- Eintrittsalter
- ausgeübter Beruf
- Gesundheitszustand
- Laufzeit des Vertrages
- Versicherungsgesellschaft.
In nachfolgender Tabelle haben wir als erste Orientierung die Beitragshöhe für verschiedene Berufsgruppen beispielhaft aufgeführt. Wir haben hierbei vorausgesetzt, dass die Person Nichtraucher ist und eine gewünschte Rente von 1.000 EUR zugrunde gelegt:
Berufsgruppe | Art der beruflichen Tätigkeit | Dauer der Absicherung | Beitrag, Eintrittsalter 20 Jahre | Beitrag Eintrittsalter 35 Jahre |
---|---|---|---|---|
Angestellte(r) | Sekretär/in | 60 Jahre | 20 – 53 EUR | 26 – 70 EUR |
Angestellter | Einzelhandelskaufmann/frau | 67 Jahre | 38 – 116 EUR | 46 – 166 EUR |
Angestellter | Bauarbeiter/in | 65 Jahre | 100 – 238 EUR | 132 – 341 EUR |
Beamter | Gymnasiallehrer/in | 67 Jahre | 60 – 138 EUR | |
Student/in | Betriebswirtschaft | 60 Jahre | 21 – 70 EUR | 27 – 90 EUR |
Selbstständig | Autohändler/in | 67 Jahre | 51 – 116 EUR | 67 – 166 EUR |
Selbstständig | Gastronom/in | 65 Jahre | 57 – 141 EUR | 77 – 211 EUR |
Die Tabelle verdeutlicht, wie extrem sich der ausgeübte Beruf auf die Beitragshöhe auswirkt. Der Bauarbeiter bezahlt bis zu 341 EUR, während der Gymnasiallehrer aus obigem Beispiel nur 138 EUR Versicherungsbeitrag aufbringen muss. Gehören Sie einer Berufsgruppe mit hohem Risiko an sollten Sie sich deshalb genau überlegen, wie viel Sie für die BU Versicherung aufwenden möchten. Alternativ können Sie zusätzlich in eine private Altersvorsorge investieren.
Auf die Beitragshöhe können sich zudem die ausgeübten Hobbys oder Vorerkrankungen auswirken. Extremsportler müssen mit deutlich höheren Kosten rechnen. Dies gilt auch, wenn Sie an einer chronischen Krankheit wie Diabetes leiden. Andererseits können bestimmte Berufsgruppen, beispielsweise Beamte oder Angestellte im Gesundheitswesen, von Sondertarifen profitieren.
Wichtig: Beantworten Sie die Fragen nach dem Gesundheitszustand wahrheitsgemäß. Muss die Versicherung leisten und es stellt sich in diesem Zusammenhang heraus, dass Sie falsche Angaben gemacht haben, hat sie das Recht, die Zahlung zu verweigern.
Wie finde ich die richtige Gesellschaft?
Kostencheck: Selbst wenn es verführerisch ist, einfach einen Vertrag bei der günstigsten Gesellschaft abzuschließen sollten Sie die BU nicht einzig anhand dieses Aspekts auswählen. Es ist sehr wichtig, dass das anbietende Unternehmen finanzstark ist und auch in 25 oder 30 Jahren die vereinbarten Leistungen bezahlen kann.
Welche Angaben muss ich beim Abschluss der Versicherung machen?
Kostencheck: Zunächst müssen Sie diverse Gesundheitsfragen, die sich überwiegend auf Erkrankungen der letzten fünf bis zehn Jahre beziehen, wahrheitsgemäß beantworten.
Sind Sie unsicher, sollten Sie die Patientenakten Ihrer behandelnden Ärzte anfordern oder sich von diesem beim Ausfüllen der Bögen unterstützen lassen. Unterschlagen Sie keinesfalls Details, denn auch dies berechtigt die Versicherer, die Rente nicht auszuzahlen.
Wie hoch sollte die Versicherungssumme sein?
Kostencheck: Die zu erwartende Rente muss, im Zusammenspiel mit staatlichen Leistungen, den Lebensunterhalt auch dann abdecken, wenn das Einkommen komplett wegfällt und Sie nicht mehr auf Ersparnisse zurückgreifen können. Kalkulieren Sie deshalb noch vor Abschluss der Versicherung Ihre monatlich anfallenden Kosten. Hierzu zählen:
- Miete und Nebenkosten
- Lebensmittel
- Kleidung
- weitere Versicherungen
- private Altersvorsorge
- Kosten für Mobilität
- eventuelle Zahlungen an Kinder und Ex-Partner.
Experten empfehlen, mindestens 80 Prozent des Nettoeinkommens zu versichern. Von dieser Summe können Sie anderweitige Leistungen, wie beispielsweise die zu erwartende Rente aus der gesetzlichen Pflichtversicherung, abziehen. Die ermittelte Summe entspricht der Rentenhöhe, die Sie in der Police vereinbaren sollten.
Es ist anzuraten, Dynamik und Nachversicherungsgarantie in den Vertrag aufzunehmen. Dadurch wird die Höhe der Rente während der Vertragslaufzeit angepasst und lässt sich auf die unter Umständen veränderten Einkommensverhältnisse sowie Lebensgewohnheiten anpassen.
Braucht wirklich jeder diese Versicherung?
Kostencheck: Berufsunfähigkeit kann leider jeden, unabhängig vom Alter, treffen. Die BU zählt aus diesem Grund zu jenen Versicherungen, die jedem Erwerbstätigen dringend anzuraten sind, zumal die gesetzliche Erwerbsminderungsrente meist eher spärlich ausfällt. Diese beläuft sich häufig auf gerade einmal ein Drittel des letzten Bruttoeinkommens.
Selbst bei sitzenden Tätigkeiten steigt das Risiko einer Berufsunfähigkeit in den letzten Jahrzehnten deutlich an. Nerven- und psychische Leiden sind inzwischen mit rund 30 Prozent die Hauptursache für vorzeitigen Pensionierungen.
Wichtig: Je früher Sie eine BU abschließen, desto besser. Durch den meist guten Gesundheitszustand finden Sie problemlos eine Versicherungsgesellschaft, die Sie aufnimmt. Zudem profitieren Sie von den in diesem Alter noch sehr günstigen Beiträgen.
Was deckt die Berufsunfähigkeitsversicherung ab?
Kostencheck: Der Definition zufolge ist berufsunfähig, wer aus gesundheitlichen Gründen seinen letzten Beruf nicht mehr ausüben kann. Welche Erkrankung hierfür verantwortlich ist, spielt keine Rolle. Unerheblich ist auch, ob Sie trotz Ihres Leidens in einem anderen Job tätig sein könnten.
Viele Versicherer setzen allerdings eine ärztlich attestierte Berufsunfähigkeit von geringstenfalls 50 Prozent voraus. Das bedeutet, Sie können aufgrund Ihrer Beeinträchtigung mindestens die Hälfte der anfallenden Leistungen nicht mehr erbringen.
Welche Folgen kann es haben, wenn ich keine BU habe?
Kostencheck: Sind Sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeitsfähig, erhalten Sie eine staatliche Erwerbsminderungsrente. Voraussetzung hierfür ist, dass Sie in den vergangenen fünf Jahren wenigstens 36 Monate Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einbezahlt haben.
Sind Sie nach dem 1. Januar 1961 geboren bekommen Sie nur dann die volle Erwerbsminderungsrente, wenn Sie weniger als drei Stunden berufstätig sein können. Dabei ist nicht maßgeblich, welche Ausbildung Sie absolviert und welcher Tätigkeit Sie in den letzten Jahren nachgegangen sind. Das bedeutet, dass ein Manager, der in Folge einer Erkrankung nur noch als Pförtner eingesetzt werden kann, keine Rente erhält.
Wie lange bezahlt die BU, wenn ich nicht mehr arbeiten kann?
Kostencheck: Die Berufsunfähigkeitsversicherung leistet, solange Sie nicht arbeitsfähig sind. Maximal ist dies bis zum Ende der in der Police vereinbarten Versicherungsdauer der Fall. Dieser Zeitraum deckt sich also nicht zwingend mit dem Eintritt in die gesetzliche Altersrente.
Die Anbieter überprüfen regelmäßig, ob Sie wieder berufsfähig sind. Ist dies der Fall, weil es ihnen besser geht und Sie in Ihrem alten oder einem neuen Beruf tätig sind, kann die Gesellschaft unter Umständen die Zahlungen einstellen.
Muss ich die Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung versteuern?
Kostencheck: Auf den “Ertragsanteil für abgekürzte Leibrenten” müssen Sie Steuer entrichten. Dieser errechnet sich anhand der möglichen Dauer der Rentenzahlung. Dabei gilt: Je höher das Alter bei Erreichen der Erwerbsunfähigkeit ist, desto geringer ist der zu versteuernde Anteil der BU. Liegt Ihr jährliches Einkommen unter einer bestimmten Grenze, 2019 sind dies beispielsweise 9.168 EUR, bleiben Sie steuerfrei.
Was tun, wenn der Antrag abgelehnt wird?
Kostencheck: Lehnt ein Versicherer ab, ist dies noch kein Grund, zu verzagen. Stellen Sie einfach eine Anfrage bei einer anderen Versicherung. Sind Vorerkrankungen der Grund für die Absage, wird Ihnen häufig ein Angebot mit Ausschlussklausel oder ein Vertrag mit Risikozuschlag unterbreitet.
Tipp: Um herauszufinden, warum Ihr Antrag nicht angenommen wurde, können Sie eine anonyme Risikovoranfrage durch einen Versicherungsexperten einreichen lassen.
Kann man die Berufsunfähigkeitsversicherung kündigen?
Kostencheck: Im Rahmen der Kündigungsfrist können Sie den Vertrag, wie jede andere Versicherung, kündigen. Diesen Schritt sollten Sie sich jedoch gut überlegen.
Erwägen Sie die Aufhebung einzig aus finanziellen Gründen, sollten Sie zunächst die Versicherungsgesellschaft kontaktieren. Fast immer ist es möglich, den Vertrag für ein halbes Jahr ruhen zu lassen. Allerdings besteht in dieser Zeit kein Versicherungsschutz. Alternativ können Sie sich die Beiträge stunden lassen und später nachbezahlen.
Welchen Unterschied gibt es zwischen Berufsunfähigkeits- und Erwerbsunfähigkeitsversicherung?
Kostencheck: Bei der Erwerbsunfähigkeitsversicherung handelt es sich allenfalls um eine Notlösung für jene, deren Antrag auf BU abgelehnt wurde. Auch wenn Ihnen die Beiträge zur Berufsunfähigkeitsversicherung zu kostspielig sind, sollten Sie darüber nachdenken, zumindest diese Versicherung abzuschließen. Können Sie nur noch weniger als drei Stunden berufstätig sein, erhalten Sie vom Versicherer eine Rente, deren Höhe zuvor im Vertrag festgelegt wurde.