Die Nachfrage nach ökologisch und möglichst „sauber“ erzeugten Lebensmitteln ist in den letzten Jahren stark angestiegen, der Trend wird sich in Zukunft wohl eher noch verstärken. Um sicherzustellen, dass bei Bio-Aufschriften auch tatsächlich nur Bio drin ist, ist eine entsprechende offizielle Kontrolle und Zertifizierung der Bio-Produkte natürlich unerlässlich. Welche Kosten als Händler oder Hersteller für die Bio-Zertifizierung der eigenen Produkte anfallen können, haben wir den Kostencheck-Experten in unserem Interview gefragt.
Frage: Was kostet eine Bio-Zertifizierung
Kostencheck-Experte: Das ist je nach Branche, in der man tätig ist und je nach Produktart, die man anbietet oft ganz unterschiedlich. Es gelten immer jeweils unterschiedliche Voraussetzungen, auch der Prüfaufwand von Produktart zu Produktart kann sehr unterschiedlich hoch ausfallen. Bei landwirtschaftlichen Betrieben spielt dann zusätzlich auch noch die Mitarbeiterzahl eine Rolle für die Kosten.
Neben der Grundgebühr für die Beantragung und Erst-Zertifizierung müssen auch die Kosten für die laufend (in der Regel jährlich) stattfindenden Kontrollen mit einkalkuliert werden. Die Kosten für die laufenden Kontrollen richten sich dann auch nach dem Umsatz mit dem Produkt: je höher der Umsatz, desto höher fallen auch die Kontrollgebühren aus.
Bei der Wahl der Kontrollstelle ist man prinzipiell frei, die Gebühren können je nach gewählter Kontrollstelle sehr unterschiedlich ausfallen. Vor dem Abschluss eines Vertrages mit der Kontrollstelle (das ist zwingend notwendig), sollte man sich auf jeden Fall die anfallenden Gebühren zeigen und vorlegen lassen. Eine pauschale Aussage zu den Kosten für unterschiedliche Bio-Zertifizierung kann man hier nicht treffen – dafür sind die Gebühren insgesamt zu unterschiedlich.
Für einen Imker, der seinen Honig-als Bio-Honig vermarkten will, betragen die Kosten oft nur rund 500 EUR, auch bei einem Gastronomiebetrieb in üblicher Größe kann man für die Erst-Zertifizierung mit Kosten von rund 400 EUR rechnen – abhängig allerdings von der jeweiligen Kontrollstelle, den angebotenen Produkten und weiteren Gegebenheiten im Einzelfall.
Dazu kommen die Kosten für die laufenden Kontrollen, die sich dann nach der Umsatzhöhe und dem Prüfaufwand richten.
Ein weiterer Unterschied liegt natürlich auch darin, welche Art von Bio-Zertifizierung man haben möchte. Für EU-Bio liegen die Anforderungen meist deutlich niedriger als beispielsweise für Demeter oder Bioland.
EG-Öko-Verordnung – Zertifizierung für Online-Shops
Ein Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sorgt dafür, dass seit einigen Jahren auch Online-Shops, die Bio-Produkte anbieten wollen, ihren Shop zertifizieren lassen müssen. Rechtsgrundlage ist die EG-Öko-Verordnung. Online-Shops sind damit schlechter gestellt als der traditionelle Einzelhandel. Der ist im Endkunden-Bereich von der Zertifizierungspflicht befreit, der Online-Handel dagegen muss die Kosten für eine Zertifizierung tragen. Wird der Zertifizierungspflicht nicht nachgekommen, drohen Abmahnungen.
Zuvor müssen eine Betriebsbeschreibung und ein Maßnahmenplan an eine Kontrollstelle gesendet werden, danach wird vor Ort geprüft. Die Kontrollstellen rechnen die Kosten für die Prüfung dann nach Aufwand ab – wer nicht ordentlich vorarbeitet, hat also hohe Kosten zu erwarten.
Kostenbeispiel aus der Praxis
Wir haben einen Handelsbetrieb (Kontrollgruppe H) und nur einige wenige Bio-Waren im Angebot, für die wir das EU-Gütesiegel verwenden wollen. Wir stellen einen Antrag auf Zertifizierung bei einer Kontrollstelle.
Posten | Preis |
---|---|
Erstkontrolle (nach Stundenaufwand abgerechnet) | 195 EUR |
Jährliche Grundpauschale für das erste Jahr (und alle weiteren Jahre) | 105 EUR |
Organisationskosten pro weiterer Kontrolle | 90 EUR |
Kosten für weitere Kontrolle (nach Stundenaufwand abgerechnet) | 130 EUR |
Gesamtkosten Erst-Zertifizierung damit | 300 EUR |
laufende Kosten pro Jahr (nach der Erst-Zertifizierung) | ca. 325 EUR (je nach zeitlichem Aufwand für die Kontrollen) |
Bei den hier gezeigten Kosten handelt es sich lediglich um ein Kostenbeispiel für einen konkreten Fall und die Gebühren einer bestimmten Kontrollstelle. Die Kosten für die Zertifizierung anderer Unternehmen können auch sehr viel höher liegen.
Nicht berücksichtigt wurden in unserem Kostenbeispiel die Kosten für notwendige Umstellungen des Betriebs, die Beibringung oder Erstellung erforderlicher Dokumente (Betriebsbeschreibung, Lieferanten-Zertifikate, Organigramm des Betriebes etc.).
Beantragt wurde nur das EU-Bio-Siegel, kein Verbandssiegel eines Anbau-Verbandes.
Frage: Was bestimmt die Kosten für eine Bio-Zertifiizierung?
Kostencheck-Experte: Hier spielen viele Dinge eine Rolle:
- für welche Art von Produkt man ein Bio-Gütesiegel verwenden möchte
- in welcher Branche man tätig ist (Handel, Gastronomie, landwirtschaftliche Erzeugung von Produkten, Verarbeitung von tierischen oder pflanzlichen Produkten, etc.)
- von der gewählten Kontrollstelle
- vom Leistungsspektrum und der Preisgestaltung der Kontrollstelle
- welche Kosten für die Erst-Zertifizierung anfallen
- welche Kosten für die laufenden Kontrollen anfallen (das können nicht nur Stundensätze, sondern auch Fahrtkosten, gegebenenfalls auch Übernachtungskosten und Spesen, Auflagenbescheidsgebühren, Kontrollbescheidsgebühren oder Sanktionsbescheidsgebühren sein)
- vom individuell gegebenen Prüfaufwand (laufende Kontrollen)
- vom individuell gemachten Umsatz mit dem Produkt (laufende Kontrollen)
- ob das EU-Bio-Siegel verwendet werden soll oder das (deutlich strengere Kriterien umfassende) Verbands-Siegel eines Anbauverbandes (Bioland, Demeter, etc.)
- welcher Aufwand für die Umrüstung des Betriebes, der Erzeugung oder der Lagerung oder Verarbeitung von Produkten entsteht, um die Kriterien zu erfüllen
Die Auswahl einer Kontrollstelle muss auch im Hinblick auf deren Zulassung für bestimmte Kontrollbereiche erfolgen. Die Bereiche werden in Kategorien von A – H unterteilt. A betrifft die Erzeugung von Lebensmitteln, C die Einfuhr, E den Futtermittelbereich und H den Handelsbereich. Die Bereiche F und G gibt es nicht.
Wenn man eine passende Kontrollstelle gefunden hat, sollte man sich zunächst ein Angebot unterbreiten lassen und dieses mit den Angeboten (Preise, Leistungen und Modalitäten) anderer Kontrollstellen sorgfältig vergleichen.