Fernwärme ist eine im Hinblick auf den CO[sub]2[/sub]-Ausstoß recht günstige Heizform. Wegen des nicht notwendigen Schornsteins und des Wegfalls einer eigenen Heizungsanlage kann sie auch für Hausbesitzer recht vorteilhaft sein. Welche Kosten für eine Fernwärmeheizung anfallen können, erklärt ausführlich der Kostencheck-Experte im Interview.
Frage: Wie funktioniert Fernwärme genau – und wo liegen die Vorteile für den Hausbesitzer und für die Umwelt?
Kostencheck-Experte: Bei klassischer Fernwärme steht das Kraftwerk in einer beträchtlichen Entfernung vom Haus. Dort werden in einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage zur gleichen Zeit Strom und Wärme erzeugt. Die Wärme wird über Heißwasser an eine bestimmte Zahl von Haushalten geliefert, der Strom wird ins öffentliche Netz eingespeist.
Im Gegensatz zur klassischen Fernwärme steht die sogenannte Nahwärme: das Prinzip ist hier das Gleiche, der Wärmeerzeuger befindet sich hier allerdings in nächster Nähe zu den einzelnen Wärmeabnehmern.
Auch Industriebetriebe mit hohem Wärmeaufkommen können die ansonsten ungenutzt entweichende Abwärme unter Umständen als Fernwärme an Haushalte weiterleiten. Solche Modelle sind aber vergleichsweise selten – obwohl grundsätzlich einiges an Potenzial vorhanden wäre.
Der Transport der Wärme erfolgt heute fast ausschließlich über Heißwasser. Die Verluste durch den Transport liegen dabei im Allgemeinen zwischen 5 % und 12 %, also vergleichsweise gering.
Nur sehr alte Anlagen arbeiten noch mit heißem Dampf, der durch die Rohrleitungen zum Kunden gepresst wird.
Die Wärme wird beim Abnehmer an der sogenannten Wärmeübergabestation übertragen. Im Fall von alten Dampfleitungen ist das eine Einrichtung, in der der heiße Dampf kondensiert. Die Kondensationswärme wird dann auf den Heizkreislauf des Abnehmers übertragen. Welche Wärmemenge notwendig ist, kann direkt bei der Übergabe festgelegt werden. Je nach benötigter Wärmemenge wird eine bestimmte Menge Dampf kondensiert und die freiwerdende Wärme kann genutzt werden. Abgerechnet wird in diesem Fall über einen Wasserzähler.
Bei der heute üblicheren Form des Wärmetransports über Heißwasser kommt ebenfalls ein Wärmetauscher zum Einsatz, der die Wärme aus dem Fernwärmeleitungsnetz auf den Heizkreislauf des Abnehmers überträgt. Abgerechnet wird hier aber über Wärmemengenzähler. Der Transport der Wärmemenge erfolgt hier gleitend aufgrund der Außentemperatur – das bedeutet, dass die maximal mögliche Wärme nur an den kältesten Tagen zur Verfügung steht, sind die Temperaturen wärmer, wird entsprechend weniger Wärme geliefert.
Bei heißdampfbasierten Systemen steht dagegen immer die maximal mögliche Wärme zur Verfügung und kann jederzeit entnommen werden.
Der Vorteil für die Umwelt liegt vor allem darin, dass es sich im Prinzip um eine sehr große Zentralheizungsanlage handelt, an die viele Haushalte angeschlossen werden. Die Wärme wird zentral an einem Punkt erzeugt – was den CO[sub]2[/sub]-Ausstoß im Vergleich zu Einzelheizungen durchaus merkbar verringert.
Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung können auch mit Biomasse oder ähnlichen ökologischen Heizstoffen betrieben werden, was die CO[sub]2[/sub]-Bilanz dann noch einmal deutlich verbessert. Umgekehrt führt ein Betrieb mit Braunkohle dann bei einem Kraftwerk zu einer verheerenden Umweltbilanz.
Wegen der in den meisten Fällen aber günstigen Ökobilanz von solchen Heizformen sollen in Zukunft der Ausbau vor allem von Nahwärme und das Zusammenwachsen von Fern- und Nahwärme-Netzen in Deutschland forciert werden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind 15 % aller Haushalte an Fernwärme oder Nahwärme angeschlossen – Fernwärme stellt nach Öl und Gas die dritthäufigste Heizform in Deutschland dar. Es sind also noch immer mehr Haushalte mit Fernwärme geheizt als mit anderen alternativen Energieformen – wie etwa einer Biomasseheizung oder einer Wärmepumpenheizung.
Von daher mag der Ausbau der Nahwärme-Netze eine gute Möglichkeit sein, um mit gezieltem Anschlusszwang die Zahl der Öl- und Gasheizungen in der Bundesrepublik nachhaltig und dauerhaft zu reduzieren.
Der Vorteil für den Hausbesitzer liegt darin, dass er bei einem Fernwärme-Anschluss weder einen eigenen Schornstein noch besonders viel Platz für die Heizungsanlage und vor allem für Heizmittel-Lager braucht – was bei Öl- und Gasheizungen etwa der Fall wäre, aber auch bei Biomasse-Heizungen oft ein Problem darstellt. Eine Pelletheizung für ein Einfamilienhaus benötigt samt Tank immerhin rund 15 m² Fläche mit Raumhöhe. Diesen Platz kann man bei Fernwärmeheizungen besser nutzen.
Als Nachteil werden oft die Kosten für die Fernwärmeheizung gesehen, die höher liegen können als bei anderen Heizformen. Zusätzlich ist man durch die Bindung an einen einzigen Versorger als Kunde auch immer mit einem Monopol konfrontiert – was durch den Wegfall von Wettbewerb die Preise in die Höhe treibt und auch überhöhte Preisforderungen für den Anbieter durchsetzbar macht.
Das gleicht sich aber immerhin noch zum Teil mit den wegfallenden Schornsteinfegerkosten und den üblichen Wartungskosten für eine klassische Heizungsanlage aus (Fernwärmeheizungen sind fast komplett wartungsfrei).
Frage: Was kostet Fernwärme?
Kostencheck-Experte: Die Kosten sind von Versorger zu Versorger sehr unterschiedlich – einen einheitlichen Preis für Fernwärme gibt es im deutschen Bundesgebiet also nicht.
Grundsätzlich setzt sich der Preis immer zusammen aus:
- Grundpreis
- Arbeitspreis und
- Messpreis
Die Preise richten sich immer auch nach der Größe des Versorgungsgebiets und den individuellen Kosten, die der Versorger für die Erzeugung von Strom und die Weiterleitung der Wärme sowie für den Erhalt und den Ausbau der Netze hat.
Ganz grob kann man aber sagen, dass die kWh Heizenergie bei Fernwärme durchschnittlich rund 9,1 Cent kostet.
Das ist verglichen mit Gas ungefähr um die Hälfte teurer.
Rechnet man die Kosten auf ein 140 m² großes Einfamilienhaus hoch, das die aktuellen Dämmwerte der EnEV erfüllt, kommt man damit also auf Heizkosten von 891 EUR pro Jahr – eine Gasheizung würde dagegen 588 EUR Heizkosten verursachen, eine Hackschnitzelheizung lediglich 392 EUR.
Andere Durchschnittsberechnungen aus deutschen Haushalten ergeben Kosten von 13,30 EUR pro m² für Fernwärmeheizungen im deutschen Durchschnitt, dagegen nur durchschnittlich 11,60 EUR pro m² für Gasheizungen und 9,50 EUR pro m² bei Pelletheizungen.
Da in vielen Gebieten allerdings Anschlusszwang an vorhandene Fern- oder Nahwärmenetze besteht, ist ein Kostenvergleich in vielen Fällen sinnlos. Zudem müssten bei einem Vergleich auch andere Faktoren als allein die Heizmittelkosten mit einfließen.
Gegebenenfalls kann der Anbieter auch einen Baukostenzuschuss für die Errichtung der Anlage verlangen, das muss er aber nicht. Gesetzlich sind Baukostenzuschüsse bis zur Höhe von 50 % der tatsächlichen Investitionskosten aber grundsätzlich zulässig.
Ein kleines Kostenbeispiel aus der Praxis
Wir wollen (müssen) unser Einfamilienhaus im Neubaugebiet an eine Fernwärmeanlage anschließen lassen.
Posten | Preis |
---|---|
Übergabestation und Technik | 5.500 EUR (wird über den Bezugspreis abbezahlt) |
jährlicher Grundpreis (15 kW Leistung) | 450 EUR jährlich |
Messpreis | 180 EUR jährlich |
Verbrauch 20.000 kWh | 1.400 EUR Verbrauchskosten pro Jahr |
damit Anschaffungskosten | 0 EUR |
jährliche Kosten | rund 2.030 EUR pro Jahr |
das entspricht Gesamtkosten von | 10,15 Cent pro kWh |
Hierbei handelt es sich natürlich lediglich um ein Kostenbeispiel das nur für ein ganz bestimmtes Gebäude und einen bestimmten Anbieter gilt. Die Kosten können in anderen Fällen auch deutlich unterschiedlich liegen.
Frage: Von welchen Faktoren hängen die Kosten im Einzelnen ab?
Kostencheck-Experte: Hier spielen nur wenige Dinge eine Rolle:
- die Preisgestaltung des Anbieters
- der jährliche Verbrauch an Heizwärme (in kWh)
- die Leistung der Anlage (in kW)
Anhand dieser Faktoren kann man den Kostenaufwand für eine Fernwärmeheizung immer recht genau bestimmen.
Frage: Wenn man sich rein die Kosten pro kWh ansieht, sind Fernwärmeheizungen also relativ teuer?
Kostencheck-Experte: Ja, aber diese Rechnung ist etwas zu stark vereinfacht.
Wenn Sie heute eine Gasheizung für Ihr Gebäude anschaffen, müssen Sie zunächst einmal Kosten investieren – für die Heizanlage, für die Installation, für den Gasanschluss und für die Betriebs- und Wartungskosten der Heizung. Diese Kosten müssen natürlich in irgendeiner Form Eingang in einen Kostenvergleich mit Fernwärme führen.
Es ist also sinnvoller, Punkt für Punkt zu vergleichen:
Kostenpunkt | Kosten bei Gasheizung | Kosten bei Fernwärme |
---|---|---|
Heizungsanlage samt Einbau | 12.000 EUR | 0 EUR |
Gasanschluss – Herstellung | 2.000 EUR | 0 EUR |
jährliche Wartungskosten und Reparaturkosten | 200 EUR pro Jahr | 0 EUR pro Jahr |
Schornsteinfegerkosten | 100 EUR pro Jahr | 0 EUR pro Jahr |
jährlicher Grundpreis bei 15 kW | 0 EUR pro Jahr | 450 EUR pro Jahr |
Messpreis jährlich | 0 EUR pro Jahr | 180 EUR pro Jahr |
Verbrauch in 20 Jahren (400.000 kWh) | 24.000 EUR | 28.000 EUR |
Gesamtkosten in 20 Jahren | 44.000 EUR | 40.600 EUR |
Unterm Strich ist die Fernwärmeheizung auf lange Sicht (Lebensdauer der Gasheizung) also bereits deutlich teurer. Dabei besteht auch Kostensicherheit: Defekte oder nicht eingeplante Reparaturen der Gasheizung wurden hier nicht mit berücksichtigt.
Man muss in eine Vergleichsrechnung also immer möglichst alle Kosten miteinbeziehen. Dann sieht das Gesamtbild oft deutlich anders aus.
Die direkten Kosten pro Jahr oder Monat liegen bei der Fernwärmeheizung auf den ersten Blick tatsächlich deutlich höher. Rechnet man aber alle anfallenden Kosten mit ein, ist die Fernwärmeheizung in diesem Beispiel monatlich um 13 EUR günstiger.
Ein Vergleich mit einer Biomasse-Heizung (Pelletheizung) fällt wegen der hohen Anschaffungskosten für die Anlage samt Pellet-Lager auch nicht besser aus: hier liegen die Kosten monatlich umgelegt dann sogar um 22 EUR pro Monat höher als bei der Fernwärmeheizung.
Frage: Was ist, wenn der Wärmebedarf des Hauses sinkt, etwa durch energetische Sanierungen?
Kostencheck-Experte: Bei der Einzelheizung im Gebäude passt man dann einfach die Leistung der Heizung an den geringen Energieverbrauch an. Sinkt er sehr stark, ist die Heizung dann zwar überdimensioniert, läuft dann aber eben mit nur sehr geringer Leistung. Das ist bei den meisten Heizungen kein Problem – lediglich Pelletheizungen laufen nur auf Vollast effizient, wird weniger Leistung benötigt, verschlechtert sich dann der Wirkungsgrad oft deutlich und die Heizkosten liegen dann überproportional hoch.
Auch bei der Fernwärmeheizung kann man die benötigte Energiemenge natürlich anpassen. Wenn die Heizung weniger Leistung benötigt, sinkt dann auch der Grundpreis pro Jahr entsprechend. Die Wärmekosten werden dann ohnehin entsprechend der benötigten Wärmemenge bezahlt.
Damit vergünstigen sich auch die Heizkosten bei Fernwärme im gleichen Maß wie bei einer Einzelheizung – man zahlt dann nicht viel, obwohl man wenig braucht.
Eine interessante Rechnung ergibt sich auch, wenn man die nicht benötigte Investition für eine Einzelheizung in energetische Maßnahmen steckt. In unserem Beispiel hätte sich eine Dämmmaßnahme, die zu einer Reduktion der Heizkosten um 20 % führt, dann immerhin in 20 Jahren komplett rentiert, wenn sie rund 8.000 EUR kostet. Bei Gebäuden mit anfangs sehr hohem Energieverbrauch ist das meist noch deutlich mehr.
Frage: Kann Fernwärme ein Weg für die Zukunft sein?
Kostencheck-Experte: In Deutschland scheint man das so zu sehen. Allerdings muss man hier auch sehr eingehend auf die Art der Wärmeerzeugung achten: reine Heizkraftwerke produzieren viel mehr CO[sub]2 als beispielsweise KWK-Anlagen. Viele Anlagen werden auch heute noch mit fossilen Brennstoffen betrieben – das dient der geplanten Energiewende dann natürlich nicht und ist für die Umwelt höchstwahrscheinlich schädlicher als wenn Häuser vermehrt mit ökologischen und energieeffizienten Einzelheizungen ausgestattet werden. In Dänemark etwa, wo es teilweise ein Verbot für Öl- und Gasheizungen gibt, sieht das natürlich anders aus – dort ist Fernwärme auch tatsächlich eine gesuchte Alternative von vielen.
Wichtig ist natürlich auch, auf die wirtschaftlichen Aspekte zu schauen: Versorger werden auch in Zukunft Gebiete nicht erschließen, die für sie nicht wirtschaftlich lohnend sind. Bei einem Zwang, diese Gebiete ebenfalls zu versorgen steigen dann natürlich möglicherweise die Preise in diesen Gebieten oder beim betroffenen Anbieter stark an – Kunden haben dann kaum eine Alternative und müssen das bezahlen. Das ist natürlich kein glückliches Szenario. Nahwärme ist aber höchstwahrscheinlich mit weniger Schwierigkeiten und im Einzelnen auch wirtschaftlicher umsetzbar.