Beim Anruf eines Schlüsseldienstes werden immer wieder Klagen über Wucherpreise geäußert. Weil man sich meist in einer Notlage befindet, wenn die Tür ins Schloss gefallen ist oder der Schlüssel im Schloss abgebrochen ist, man aber dringend in die Wohnung muss, wird das von unseriösen Unternehmen oft ausgenutzt. Welche Kosten ein Schlüsseldienst verlangen darf, erklärt ausführlich der Kostencheck-Experte im Interview.
Frage: Warum sind Schlüsseldienste oft so enorm teuer?
Kostencheck-Experte: Wer auch am Wochenende oder am Feiertag – und sogar nachts – bereitsteht, um in dringenden Fällen zu helfen, darf und muss natürlich für Arbeiten außerhalb der regulären Arbeitszeit auch Sonderzuschläge verlangen, um seine Mitarbeiter entsprechend bezahlen zu können. Das ist auch rechtens.
Einige Unternehmen nutzen allerdings die Notlage der verzweifelten Kunden, die dringend in die Wohnung müssen, aus und versuchen, mit allen möglichen Methoden, mehr Geld für ihre Leistung zu bekommen. Dabei können für eine Wohnungsöffnung oft viele hundert Euro verlangt werden – was allerdings keinesfalls zulässig und nur in den wenigsten Fällen zu begründen ist.
Vielfach werden Kunden auch schon vor Beginn jeglicher Arbeit dazu genötigt, ein Auftragsformular zu unterschreiben oder mit ihrer Unterschrift zu bestätigen, dass die Arbeiten zu ihrer vollen Zufriedenheit erledigt wurden. So etwas ist natürlich nicht zulässig und hier sollte man sich – ob verzweifelt oder nicht – keinesfalls unter Druck setzen lassen. Solche Formulare werden später häufig zur Rechtfertigung für überhöhte Rechnungen herangezogen.
Tatsächlich sind die Kosten, die seriöse Schlüsseldienste verlangen, meist sogar recht überschaubar, wenn keine aufwendigen Arbeiten anfallen.
Frage: Was kostet ein Schlüsseldienst?
Kostencheck-Experte: Das hängt natürlich von vielen Faktoren ab – nicht zuletzt auch von der Uhrzeit, um die er benötigt wird.
Wenn es lediglich darum geht, eine zugefallene Tür wieder zu öffnen, sollten die Kosten an Werktagen kaum mehr als 100 EUR betragen. Sonn- und Feiertags dürfen Zuschläge von bis zu 100 % verlangt werden.
Beträge, die bei einer einfachen Türöffnung weit darüber hinaus gehen, sind nicht zulässig und als „Wucher“ für den Schlüsseldienst auch strafbar.
Deutschlandweit liegen die durchschnittlichen seriösen Preise auch für eine Türöffnung nachts nirgends höher als rund 150 EUR.
Ein kleines Beispiel aus der Praxis
Uns ist der Schlüssel im Schloss abgebrochen, sodass wir nicht mehr ins Haus gelangen können. Wir rufen einen Schlüsseldienst und lassen die Tür öffnen. Da es sonntagabends ist, müssen wir mit einem Zuschlag rechnen.
Posten | Preis |
---|---|
Anfahrt + 100 % Zuschlag | 120 EUR |
neuer Schließzylinder | 80 EUR |
Einbau | 80 EUR |
100 % Zuschlag | 80 EUR |
Gesamtkosten | 360 EUR |
Hierbei handelt es sich lediglich um ein einzelnes Kostenbeispiel für bestimmte Leistungen. Die Kosten in anderen Fällen, insbesondere bei einfachen Türöffnungen, können auch deutlich unterschiedlich liegen.
In unserem Fall war es nötig, das Türschloss auszuwechseln. Für den vergleichsweise hohen Betrag haben wir hier immerhin ein neues Türschloss im Wert von 80 EUR samt Einbau bekommen.
Ist Schloss nicht „gängig“, das heißt, ist beim Austauschen eines Türschlosses kein einziger funktionierender Schlüssel mehr vorhanden, muss man meist mit zusätzlichen Mehrkosten von 60 EUR bis 100 EUR rechnen.
Frage: Von welchen Faktoren hängen die Kosten für den Schlüsseldienst ab?
Kostencheck-Experte: Hier muss einiges beachtet werden:
- die Länge des Anfahrtswegs
- welche Leistungen der Schlüsseldienst erbringen muss
- zu welcher Tageszeit der Schlüsseldienst angerufen wird
- ob es sich um Werktage oder Wochenende handelt
- ob es sich um einen Feiertag handelt
Wenn aufwändige Leistungen erbracht werden müssen, wie in unserem Fall der Austausch des Türschlosses, sind die Kosten natürlich höher als bei einer einfachen Türöffnung.
Frage: Wann sind Zuschläge überhaupt erlaubt?
Kostencheck-Experte: Zuschläge darf ein Schlüsseldienst grundsätzlich nur außerhalb der üblichen Arbeitszeiten – also an Wochenenden, Feiertagen oder nachts.
Wenn zu gewöhnlichen Zeiten am Werktag Zuschläge wie ein „Sofortzuschlag“, ein „Bereitstellungszuschlag“ oder auch Zuschläge für den Einsatz von Spezialwerkzeugen verrechnet werden, ist das nicht zulässig.
Dazu gibt es auch ein Gerichtsurteil vom Amtsgericht Frankfurt am Main (AZ 31 C 63/98-44).
Frage: Welche Anfahrtskosten sind zulässig?
Kostencheck-Experte: Das richtet sich natürlich immer danach, woher der Schlüsseldienst kommt. Das ist oft aus dem Telefonbucheintrag nicht abzulesen – viele Schlüsseldienste lassen sich auch im Branchenbüchern unter weit entfernten Ortschaften eintragen.
Achten Sie in diesem Fall unbedingt darauf, dass Sie keinen Schlüsseldienst kontaktieren, der mit einem Namen mit gleich mehreren A’s am Anfang eingetragen ist. Das ist ein beliebter Trick, um in möglichst vielen Ortschaften ganz oben auf der Liste der Einträge zu erscheinen und damit häufiger kontaktiert zu werden – meist deutet das auf wenig seriöse Unternehmen hin, die zudem auch noch weit entfernt sitzen können.
Lassen Sie sich am Telefon ausdrücklich bestätigen, woher der Schlüsseldienst kommt und bestehen Sie bei Notrufzentralen auf einem lokal ansässigen Dienstleister.
Suchen Sie am besten nach einem Schlüsseldienst, der mit einer Telefonnummer Ihrer Ortsvorwahl eingetragen ist. Dann darf er auch nur die Anfahrt innerhalb der Ortsgrenzen in Rechnung stellen.
Frage: Muss man die Rechnung sofort begleichen?
Kostencheck-Experte: Insbesondere wenn Sie Zweifel haben, ob die Rechnung nicht überhöht ist, brauchen Sie sie nicht sofort zu begleichen.
Dazu gibt es eine Entscheidung des Amtsgerichts Bremen (AZ 1 O 725/96), das ausdrücklich feststellt, dass es keine Pflicht zur Barzahlung gibt. Der Handwerker darf Sie in diesem Fall auch nicht unter Druck setzen – das Überweisen des Rechnungsbetrags ist nach der Gerichtsentscheidung eindeutig gestattet.
Wenn Sie zuvor keine Vereinbarung über den zu zahlenden Betrag getroffen haben, müssen Sie eine überhöhte Rechnung nicht bezahlen (Amtsgericht Lingen, AZ 4 C 529/16). Sie brauchen nur die allgemein übliche Vergütung bezahlen.
Aus diesem Grund können Sie dem Handwerker einfach einen angemessenen Betrag aushändigen und die Rechnung dann entsprechend prüfen.
Sinnvoll ist es natürlich auch, direkt beim Telefonanruf das Problem genau zu schildern und einen Festpreis inklusive aller Leistungen und Steuern zu vereinbaren.
Frage: Welche weiteren Möglichkeiten gibt es, die Kosten für einen Schlüsseldienst niedrig zu halten oder zu vermeiden?
Kostencheck-Experte: In echten Notfällen, wo Gefahr in Verzug ist, brauchen Sie nicht auf einen Schlüsseldienst zu warten: Wenn etwa die Tür zugefallen ist und sich ein Baby im Raum befindet oder etwas auf dem Ofen steht, können Sie auch den Notruf wählen – auch die Feuerwehr kann in solchen Fällen ihre Tür öffnen, sie ist auch meist schneller vor Ort.
Um sich teure Nachtzuschläge zu ersparen, kann man häufig durchaus außerhalb der Wohnung übernachten und erst am nächsten Werktag die Öffnung durch einen Schlosser vor Ort durchführen lassen. Für den Preis der Nachtzuschläge bekommen Sie vielerorts schon ein günstiges Hotelzimmer, ansonsten können Sie auch bei Familie und Verwandten sicherlich für eine Nacht unterkommen.
Oft gibt es auch noch andere Möglichkeiten in eine Wohnung oder ins Haus zu gelangen – es muss nicht immer der Schlüsseldienst sein. Einen Reserveschlüssel für einen Nebeneingang unter den Blumentopf zu legen, empfiehlt sich aber nicht – dort sehen Einbrecher meist als erstes nach.