Ein neuer Trend aus den USA, das „Tiny House Movement“ erobert seit einigen Jahren nun auch Europa, ganz besonders Deutschland. Was Tiny Houses hierzulande kosten können, erklärt ausführlich der Kostencheck-Experte im Interview.
Frage: Was sind Tiny Houses, welche Vorteile bringen sie und wo gibt es damit Probleme?
Kostencheck-Experte: Beim Tiny House – zu deutsch: „winzigem Haus“ – geht es vor allem um das Leben auf enorm reduziertem Raum. Vorbild für Tiny Houses sind kleine Gartenhäuschen mit einer Grundfläche zwischen 6 m² und maximal 20 m², die beim originalen Tiny House allerdings auf einen Anhänger gestellt werden und somit mobil sind. Trotz der geringen Größe enthalten sie alles, was man zum Leben braucht: einen Schlafboden, eine Küche, ein Badezimmer mit Dusche und einen Aufenthaltsraum. Oft sind auch noch Mikro-Terrassen und Mini-Dachgauben mit integriert.
Es geht dabei um ein Wohn- und Lebensgefühl – Leben auf reduziertem Raum macht vielfältige Einschränkungen notwendig, die von vielen aber als Befreiung erlebt werden: man hat weniger Sachen, weniger Aufwand und vor allem deutlich weniger Kosten für seine Lebenshaltung. Durch geschickte Einrichtung kann man aus dem minimalen Raum sehr viel herausholen und hat bei den wesentlichen Dingen im Alltag kaum wirkliche Komforteinschränkungen. Nur der Stauraum ist sehr beschränkt – was Anhängern des Tiny House Movements aber nichts ausmacht. Sie legen auch explizit Wert darauf, nur wenige aber dafür qualitativ hochwertige Dinge zu besitzen, mit denen sich ein einfaches Leben führen lässt. Kühlschrank und Herd sind notwendig, ein Luxus-Geschirrspüler dagegen dient nur der eigenen Bequemlichkeit – und wird völlig überflüssig, wenn man lediglich ein Service für 4 Personen im Schrank hat. Mehr Gäste haben zum Essen im Haus ohnehin nicht Platz. Es geht um die Vermeidung von Überfluß und Verschwendung, auf eine Reduktion der Dinge auf das Nötige und nicht auf die Ansammlung von möglichst vielen Dingen im Haus. Das bedeutet auch Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung beim eigenen Konsumverhalten. Ganz neu ist der Trend nicht – Wohnen im Bauwagen gab es hierzulande schon in den 70ern.
Probleme gibt es mit Tiny Houses vor allem beim Baurecht: Egal wie klein ein Haus auch sein mag – wenn darin gewohnt wird, unterliegt es in Deutschland baurechtlichen Vorgaben, die eingehalten werden müssen. Dabei muss darauf geachtet werden, dass das deutsche Baurecht in vielen Fällen auch Mindest-Maße vorsieht – etwa bei der Raumhöhe oder bei der Grundfläche von Wohnungen. Werden diese nicht erfüllt, ist der Bau nicht genehmigungsfähig.
Daneben müssen auch Dinge wie der bestehende Anschlusszwang an die öffentliche Kanalisation und der geltende Bebauungsplan beachtet werden. Ein Tiny House darf – auch wenn es nicht viel Platz braucht – nicht einfach auf einem Grundstück aufgestellt werden. Das Baurecht regelt immer und zu jeder Zeit, welcher Bau wo entstehen darf. Das gilt zumindest für stationäre Tiny Houses, die sich nicht auf einem Anhänger befinden.
Problematisch ist auch die Bauweise auf dem Anhänger. Es muss im Einzelfall immer geprüft werden, ob das geschaffene Gesamtwerk für den deutschen Straßenverkehr überhaupt zulassungsfähig ist. Da der Aufbau häufig aus Holz ist, stellt sich hier immer auch die Frage der Brennbarkeit. Ohne Zulassung darf das Tiny House dann auch nicht über deutsche Straßen transportiert werden.
Ein Aufstellen wäre dann ohnehin nur auf einem Campingplatz möglich, der Dauerstellplätze anbietet. Dort ist aber wiederum aus melderechtlicher Sicht ein dauerhaftes Wohnen gewöhnlich nicht möglich. Angeblich – zumindest laut deutscher Behörden – erfüllen Campingplätze nicht die brandschutztechnischen Voraussetzungen, um sie dauerhaft bewohnen zu dürfen.
Um baurechtliche Probleme zu vermeiden, kann man alternativ auch zu „herkömmlichen“ Lösungen greifen: es gibt kleine Mobilheime, die auch dauerhaft auf Campingplätzen aufgestellt werden dürfen, ein „echtes“ und rechtlich zulässiges Tiny House sind beispielsweise auch Absetzkabinen für Pickups, die man dann auch problemlos transportieren kann oder sogenannte „Modulhäuser“, bei denen einzelne meist rund 20 m² – 30 m² große, containerartige Module ganz einfach mit einem Kran an ihren Platz gehievt werden. Dort sind die Kosten dann auch ungefähr vergleichbar hoch, die rechtlichen Probleme damit sind allerdings vergleichbar gering.
Frage: Was kosten Tiny Houses eigentlich im Allgemeinen?
Kostencheck-Experte: Die Preise sind, angesichts der geringen Fläche, recht hoch.
Für die meisten Tiny Houses auf Anhängern muss man schon für die Rohbauvariante ab rund 20.000 EUR rechnen, dazu kommen noch die Ausstattungskosten, die dann leicht noch einmal so viel ausmachen können.
Preislich orientiert man sich dabei an Wohnwagen, die ja ein ähnliches Konzept (nur nicht ganz so charmant) verfolgen.
Die Gesamtkosten liegen in den meisten Fällen bei rund 50.000 EUR in üblichen Größen oder knapp darüber. Einige der Häuser sind autark, kosten dann aber oft noch mehr.
Einige Preisbeispiele aus der Praxis:
Größe / Ausführung | Kosten |
---|---|
7,8 m Länge, 1,5 Geschosse, auf Trailer | 45.800 EUR |
ca. 20 m², „Ausbauhaus“ | 20.000 EUR |
ca. 8 m² | 32.000 EUR bezugsfertig |
Hierbei handelt es sich nur um beispielhafte Preise einzelner Anbieter. Die Kosten für andere Tiny Houses können von diesen Preisen durchaus abweichen.
Frage: Von welchen Faktoren hängen die Kosten für ein Tiny House gewöhnlich ab?
Kostencheck-Experte: Hier müssen einige Faktoren berücksichtigt werden:
- die Preisgestaltung des Herstellers
- die Größe der Wohnfläche und die Länge des Anhängers
- die Ausbaustufe („Ausbauhaus“ oder bezugsfertig)
- der Ausstattungsumfang
- die technische Ausrüstung (Heizung, Dusche, etc.)
- ob das Tiny House autark ist oder nicht
- TÜV-Abnahmefähigkeit
Da die meisten Hersteller nicht hauptsächlich Tiny Houses bauen sondern in Deutschland meist kleine Tischler- oder Zimmereibetriebe sind, sind häufig auch individuelle Anpassungsmöglichkeiten, die dann jeweils auch aufwandsbezogene Kostenaufschläge verursachen.
Frage: Wie verhalten sich die Kosten von Tiny Houses im Vergleich zu bereits bestehenden Alternativen?
Kostencheck-Experte: Eine sehr interessante Alternative sind natürlich Absetzkabinen für Pickups: sie lassen sich leicht transportieren, sind gut und meist hochwertig ausgestattet und können bei Bedarf auch frei aufgestellt werden, so dass die Ladefläche des Pickups anderweitig genutzt werden kann. Sie sind insgesamt oft sogar günstiger als Tiny Houses, die Kosten für eine gut ausgestattete Version mit Bad liegen meist bei rund 30.000 EUR.
Klassische Wohnwagen lassen sich auch gebraucht kaufen, dafür braucht man oft nur kleines Geld zu investieren: ab rund 5.000 EUR bis 10.000 EURbekommt man oft schon gut ausgestattete Modelle.
Modulhäuser, auch als „Smart Home“ bezeichnet, kosten voll ausgestattet meist ab rund 50.000 EUR. Sie sind also genauso teuer wie ein Tiny House, allerdings meist selbst in der Basisversion etwas größer und komfortabler (ab rund 30 m²).