Sichtestrich scheint auf den ersten Blick ein recht simpler und damit kostengünstiger Bodenbelag zu sein. Das kann aber täuschen. Welche Kosten für einen Sichtestrich tatsächlich anfallen können, erklärt ausführlich der Kostencheck-Experte im Interview.
Frage: Was ist Sichtestrich nun einmal genau?
Kostencheck-Experte: Für gewöhnlich ist der Estrich ja ein „Unterbelag“ für den eigentlichen Bodenbelag. Er erfüllt damit also die Anforderung einer (möglichst ebenen) Tragschicht für den eigentlichen Bodenbelag – etwa Fliesen. Manchmal sind in den Estrich auch Fußbodenheizungen gleich direkt eingebettet – dann handelt es sich um einen sogenannten Heizestrich.
Beim Sichtestrich ist die Idee ausschlaggebend, dass man ja eigentlich keinen separaten Bodenbelag benötigt, wenn man den Estrich entsprechend schleift und optisch ausgeglichen gestaltet. Er kann dann gleich direkt als Bodenbelag dienen.
Das wirkt optisch besonders attraktiv bei Räumen, die im Industrial Design Stil eingerichtet werden, oder bei denen der Bodenbelag dezent in den Hintergrund treten soll („zeitloses“ Design des Bodens).
Ganz so einfach ist das allerdings nicht – herkömmlicher Estrich ist unbehandelt sehr empfindlich gegenüber Flecken und auch Verschmutzungen, zudem ist ein roher Estrichboden auch sehr empfindlich gegenüber Feuchtigkeit und gegen Abrieb.
Um die Oberfläche des Bodens auszuhärten werden deshalb meist Verkieselungen eingesetzt. Um den Boden danach widerstandsfähiger gegen Schmutz und Feuchtigkeit zu machen, muss er auf verschiedene Weise behandelt werden.
Genau da liegt aber der Hase im Pfeffer: alle diese Behandlungen sind aufwendig und sehr arbeitsintensiv, dazu kommen dann noch zahlreiche Schleifgänge, um den Boden besonders eben und glatt zu bekommen. Glanz- und Hochglanzschliffe bedeuten dann noch einen weiteren, zusätzlichen Aufwand.
Bei der Gestaltung eines Sichtestrich-Bodens muss man sich zudem immer ein wenig vom Ergebnis überraschen lassen – die genaue Optik ist Sache der Estrichmischung und kann immer nur bedingt vorhergesagt werden. Im Einzelfall kann der Boden dann doch leicht anders aussehen, als man sich das vorgestellt hat oder als eigentlich geplant war.
In Anbetracht des hohen Aufwands ist der Sichtestrich also gar kein so kostengünstiger und minimalistischer Bodenbelag wie es anfangs erscheinen mag.
Frage: Mit welchen Kosten muss man bei einem Sichtestrich Boden in der Praxis rechnen?
Kostencheck-Experte: Das kann durchaus ein recht respektabler Betrag sein.
In der Praxis werden Sie in den meisten Fällen mit Kosten ab 120 EUR pro m² rechnen müssen.
Dafür bekommt man auch schon einen sehr hochwertigen (und vor allem über Jahrzehnte haltbaren) robusten Fliesenbelag samt Verlegung.
Luxuriöse Sichtestriche können dabei noch deutlich teurer sein – Luxusausführungen, die mit Metallstücken oder Glaseinlegern aufgewertet und zusätzlich eingefärbt werden können auch durchaus 300 EUR pro m² bis 350 EUR pro m² kosten.
Ein kleines Kostenbeispiel aus der Praxis:
Wir wollen in unserem 35 m² großen Wohnzimmer einen Sichtestrich Boden in Hochglanzoptik einbauen lassen.
Posten | Preis |
---|---|
Estrichherstellung im Wohnzimmer | 735 EUR |
Aufschlag für Ausführung als Sichtestrich | 420 EUR |
Schleifen und polieren „Seidenglanz“, schützen und versiegeln | 2.100 EUR |
Zuschlag Hochglanzschliff | 315 EUR |
Gesamtkosten | 3.570 EUR |
Gesamtkosten pro m² | 102 EUR pro m² |
Hierbei handelt es sich um ein einzelnes Kostenbeispiel, das lediglich für einen individuellen, ganz bestimmten Boden gilt. Die Kosten können in anderen Fällen auch deutlich unterschiedlich liegen.
In unserem Kostenbeispiel sind wir – im Vergleich zu anderen Böden – trotz hochprofessioneller Ausführung vergleichsweise günstig weggekommen. Die Kosten können in anderen Fällen auch deutlich höher liegen.
Die Kosten für einen gewöhnlichen Estrich wären in diesem Fall bei rund 500 EUR bis 700 EUR gelegen – diese Kosten muss man als „Ohnehin-Kosten“ also abziehen.
Frage: Von welchen Faktoren hängen die Kosten für einen Sichtestrich Boden in der Praxis ab?
Kostencheck-Experte: Hier muss man durchaus einiges berücksichtigen:
- die Raumgröße
- die Raumform (Randbearbeitungen beim Boden)
- der gewählte Estrich und die erforderlichen Beimengungen
- die Art des Schliffs
- die geplante Verwendung des Bodens (Privathaus, Geschäftsgebäude, Industrie, Logistikflächen, etc.)
- die geforderte Belastbarkeit Bodens (Last, die der Boden tragen können muss)
- welche Ebenheit beim Boden gefordert ist
- ob es um ein Bestandsgebäude oder einen Neubau geht
- ob Glanz oder Hochglanzausführung des Bodens gewünscht wird
- ob der Boden zusätzlich eingefärbt werden soll
- welche genauen Gestaltungswünsche es gibt
- die Kosten für einen eventuelle Versiegelung (zusätzlicher, stärkerer Flecken- und Feuchtigkeitsschutz) oder Imprägnierung
Die Preisgestaltung des ausführenden Unternehmens spielt hier auch immer eine sehr wichtige Rolle. In der Praxis lohnt es sich also, bereits im Vorfeld mehrere Angebote einzuholen und zu vergleichen. Dabei sollte man sich aber immer von der Professionalität und der Erfahrung des ausführenden Unternehmens überzeugen – die Herstellung eines Sichtestrichs erfordert handwerklich perfekte Arbeit und daneben auch sehr viel Erfahrung und ein gutes „Gespür“ für die richtigen Beimengungen und die entsprechenden Korngrößen. Lassen Sie sich, wenn möglich, daher auch immer Referenzprojekte zeigen – so bekommen Sie ein Gefühl dafür, in welcher Qualität gearbeitet wird.
Frage: Können bei diesen Leistungen auch Kosten hinzukommen?
Kostencheck-Experte: In vielen Fällen muss man auch pauschal verrechnete sogenannte Rüstzeiten bezahlen.
In der Regel lässt man Sichtestriche aber ohnehin gleich beim Estricheinbau anfertigen – damit fallen Extrakosten weg. Der gewünschte Sichtestrich Boden wird dann speziell angefertigt und mit sehr hoher Sorgfalt eingebaut.
Anders sieht das bei einem nachträglichen Schleifen eines bereits eingebauten Estrichs aus: hier kann in vielen Fällen ein noch umfangreicheres Schleifen notwendig werden, was am Ende oft zu noch höheren Kosten führt.
Frage: Worin besteht der Unterschied zwischen einer Versiegelung und einer Imprägnierung?
Kostencheck-Experte: Versiegelungen sitzen auf der Oberfläche des Bodens und schützen diesen vor fleckenbildenden Substanzen und Feuchtigkeit.
Der eigentliche Schutz des Bodens ist aber der Schliff: ab einem Schliff auf Seidenglanz sind nur noch winzige Poren im Boden vorhanden, die sehr glatte Oberfläche ist bereits gut widerstandsfähig. Das stellt in der Praxis den wichtigsten und wirksamsten Schutz der Oberfläche dar.
Eine Versiegelung legt sich dann noch einmal schützend über den Boden um diese Schutzwirkung noch einmal zu verstärken. Beschichtungen lösen sich aber mit der Zeit ab und verliert damit ihre Wirkung.
Bei einer Imprägnierung, die bis tief unter die Oberfläche eindringt, passiert das nicht. Der zusätzliche und viel langlebigere Schutz erfolgt hier quasi auch von innen heraus.
Dazu kommt, dass viele 2K-Beschichtungen als Versiegelung häufig potenziell gesundheitsschädliche Stoffe ausdünsten können. Diese Stoffe können sich dann in der Raumluft ansammeln.
Imprägnierungen sind also die hochwertigere und technisch modernere Lösung, vor allem in Verbindung mit einer durch besondere Stoffe durchgeführten Verkieselung, um die Oberfäche zu härten.