Wenn es im Haus keinen Keller und keinen ausbaubaren Dachboden gibt bleibt bei Platzmangel nur noch ein Anbau ans bestehende Gebäude. Welche Kosten man dafür rechnen muss, erklärt ausführlich der Kostencheck-Experte im Interview.
Frage: Wann ist ein Anbau möglich, wann lohnt sich das – und was muss man dabei beachten?
Kostencheck-Experte: Nun – bevor man über einen Anbau nachdenkt, sollte man auf jeden Fall einmal alle anderen Nutzungsmöglichkeiten genau betrachten.
Der erste Blick gilt dem Keller: Kann (und möchte) man ihn bewohnbar machen? Welche Räume könnte man unter Umständen dorthin auslagern, um im Haus selbst mehr Platz zu gewinnen?
Der nächste Blick sollte unbedingt dem Dachgeschoss gelten. Bei Dachneigungen von 35° und mehr ist ein Dachgeschossausbau auf jeden Fall gut machbar und es bleibt viel nutzbare Fläche übrig. Bei geringerer Dachneigung und sehr niedrigem Kniestock (Drempel) kann man immerhin noch eine Kniestock-Erhöhung ins Auge fassen. Selbst das ist meist noch eine kostengünstigere Lösung als anzubauen.
Wenn weder Kellergeschoss noch Dachgeschoss ausreichend nutzbare Fläche hergeben, bleibt dann nur noch der Weg aufs Gelände.
Hier geht es zunächst darum, herauszufinden in welchem Rahmen man anbauen darf. Landesbauordnungen und Bebauungsplan setzen den Möglichkeiten oft schnell Grenzen. Grenze ist auch ein wichtiges Stichwort in diesem Zusammenhang, da man unbedingt die jeweiligen Grenzabstände einhalten muss. Je nachdem, ob es sich um ein Grundstück in Kernlage oder in Randlage eines Siedlungsgebiets handelt, je nach Höhe des Hauses und je nach Bundesland sind unterschiedliche Abstände zum Nachbargrundstück einzuhalten. Zudem muss auch auf die Vorschriften im Bebauungsplan eingegangen werden. Nicht zuletzt muss man in vielen Bundesländern auch verpflichtend eine Zustimmungserklärung der Nachbarn einholen. Sind sie mit dem Bau nicht einverstanden oder haben Einwände, wird es mit dem Bau dann nichts.
Danach geht es um die Planung: Wie viel zusätzlicher Raum wird eigentlich benötigt? Wie soll der Anbau später genutzt werden? Welche Ausstattung soll der Anbau haben? Wie wird er optisch am besten in das bestehende Gebäude integriert? Soll es ein einstöckiger oder ein mehrstöckiger Anbau werden?
Für alle diese Fragen – beziehungsweise die Antworten darauf – ist auch immer das eigene Budget maßgeblich. Die noch vertretbaren Kosten bestimmen hier vor allem, was möglich ist und was den Rahmen sprengt.
Frage: Das ist auch schon das Stichwort: Was kostet ein Anbau in der Regel?
Kostencheck-Experte: Das kann man pauschal natürlich nicht sagen – das hängt am Ende ganz davon ab, wie der Anbau aussehen soll und wie groß er werden soll.
Als ganz grobe Richtlinie müssen Sie im günstigsten Fall aber von 1.400 EUR pro m² bis 1.800 EUR pro m² zukünftiger Nutzfläche ausgehen.
Sieht man sich diese Kosten an, erkennt man, dass das sogar teurer als viele Neubauten heute – und das, obwohl ein Anbau keine eigene Heizungsanlage und kein aufwendig konstruiertes Dach braucht.
Für die hohen Kosten gibt es einen guten Grund: ein Anbau ist technisch schwieriger als ein völlig freistehendes Gebäude hochzuziehen. Das liegt daran, weil die meisten Gewerke unter sehr beengten Bedingungen arbeiten müssen (es steht ja das Haupthaus im Weg) und die Zugänglichkeit zur Baustelle häufig deutlich schwieriger ist als bei einem freistehenden Neubau. Dazu kommt, dass auch am Hauptgebäude Anpassungen durchzuführen sind: Durchbrüche, bei vorhandenem Keller meist eine sogenannte Abtreppung, und viele weitere Dinge. Das treibt am Ende die Kosten in die Höhe.
Ein kleines Kostenbeispiel aus der Praxis:
Wir wollen an unser bestehendes Einfamilienhaus einen 36 m² großen Anbau in Holzrahmenbauweise setzen. Der Anbau wird auf eine Bodenplatte gestellt und nicht unterkellert.
Posten | Preis |
---|---|
Baukosten | 53.000 EUR |
Architektenkosten | 7.576 EUR |
Baugenehmigung | 270 EUR |
Vermessungskosten (Gebäudeaufnahme) | 200 EUR |
Prüfstatiker | 1.600 EUR |
Baubegleitung | 640 EUR |
Gesamtkosten | 63.286 EUR |
Hierbei handelt es sich lediglich um die Kosten für einen einzelnen, ganz bestimmten Anbau in individueller Ausführung. Die Kosten für andere Anbauten, selbst in gleicher Größe, können auch deutlich unterschiedlich liegen.
Die hohen Baukosten im Vergleich zum relativ kleinen Nutzflächengewinn (36 m²) zeigen, dass ein Anbau eine deutlich teurere Lösung als ein Dachgeschossausbau oder ein Umbau des Kellers als Wohnraum ist.
Frage: Von welchen Faktoren hängen die Kosten für einen Anbau in der Regel ab?
Kostencheck-Experte: Hier kommen natürlich sehr viele unterschiedliche Faktoren zum Tragen, die ins Kalkül gezogen werden müssen:
- die Größe des Anbaus
- die Lage des Gebäudes (unterschiedliche Baukosten in verschiedenen Gebieten)
- die Bodenbeschaffenheit des Grundstücks
- der Grundriss des Anbaus
- die Geschosszahl des Anbaus
- die Wandgestaltung des Anbaus
- ob eine Unterkellerung des Anbaus erfolgen soll oder nicht
- die Dachform des Anbaus
- das Ausstattungsniveau des Anbaus
- die Nutzung des Anbaus (Küche / Sanitärinstallationen notwendig, etc.)
Alle diese Faktoren sollte man im Blick haben, wenn es um die Planung geht. Vieles davon kann deutliche Auswirkungen auf die Kosten haben.
Frage: Inwiefern hat die Bodenbeschaffenheit einen Einfluss auf die Kosten?
Kostencheck-Experte: Schwierige Bodenverhältnisse haben einen deutlichen Einfluss auf die Kosten für Erdarbeiten – eine hohe Bodenklasse kann die Kosten dabei erheblich verteuern. Erdarbeiten sind immer notwendig – ob beim Ausheben der Fundamentgrube für eine Fundamentplatte oder für eine Unterkellerung beim Anbau. Das wird oft unterschätzt.
In gewissem Rahmen kann auch die Tragfähigkeit des Untergrunds eine Rolle spielen. Wenn die Baustelle für schwere Maschinen und schwerere Fahrzeuge nur eingeschränkt erreichbar ist, kann das die Kosten ebenfalls verteuern.
Frage: Welchen Einfluss hat die Dachform auf die Kosten?
Kostencheck-Experte: Am einfachsten – und auch am kostengünstigsten – ist es immer, den Anbau als „Würfel“ mit einem Flachdach zu konstruieren.
Das bietet sich allerdings nicht in allen Fällen optisch an. Aufwendige Dachkonstruktionen, die man dann noch zusätzlich in das bereits bestehende Dach des Hauptgebäudes einarbeiten muss, können die Kosten jedoch stark verteuern.
Umgekehrt sind solche Konstruktionen allerdings nur anfangs teurer – sorgfältig konstruierte Steildächer haben wesentlich weniger Wartungsaufwand und damit Instandhaltungskosten als ein Flachdach. Damit fallen dann Jahr für Jahr Kosten für das Flachdach Kosten an, die es beim Steildach nicht gibt.
Frage: Welche Kostenunterschiede kann es beim Ausstattungsniveau des Anbaus geben?
Kostencheck-Experte: Der Innenausbau macht ungefähr 40 % der Kosten für den Anbau aus. Je nachdem, wie gehoben die Ausstattung des Anbaus sein soll, unterscheiden sich natürlich die Kosten.
Bei sehr einfacher Ausstattung liegen die Innenausbaukosten bei rund 400 EUR pro m², wird es gehobener, müssen Sie durchaus mit
600 EUR pro m² bis 700 EUR pro m². Für eine Luxusausstattung fallen dann Kosten ab 850 EUR pro m² an.
Eine Rolle dabei spielt natürlich auch die geplante spätere Nutzung des Anbaus: Wenn dort Bad und Küche geplant sind, müssen Wasser- und Abwasserleitungen im Anbau verlegt werden und die entsprechenden Anschlüsse hergestellt werden. Zudem müssen Bad und Küche dann entsprechend eingerichtet werden. Das kommt dann natürlich teurer, als wenn der Anbau allein nur zum Wohnen genutzt wird.
Frage: Um wie viel unterscheiden sich eigentlich die Kosten von Anbau und Dachausbau?
Kostencheck-Experte: Das hängt natürlich immer vom jeweiligen Einzelfall ab.
Grundsätzlich rechnet man bei einem Dachgeschossausbau typischerweise mit Kosten von 800 EUR pro m² bis 1.000 EUR pro m² – das ist also bereits deutlich günstiger als ein Anbau. Die Kosten für den Dachgeschossausbau können auch noch einmal deutlich sinken, wenn Dachdämmung und die benötigten Dachfenster bereits vorhanden sind.
In unserem Kostenbeispiel hätte der Dachgeschossausbau rund rund 9.500 EUR bis 10.000 EUR gekostet und dabei aufgrund günstiger Bedingungen beim Dach fast das Dreifache an nutzbarer Fläche erbracht.
Das Dachgeschoss war aber bereits ausgebaut und fast komplett genutzt, zudem sollte ein möglichst barrierefreier Zugang geschaffen werden.
Rein von den Kosten her gesehen sind Dachgeschossausbauten aber natürlich deutlich kostengünstiger – selbst wenn man für nutzbaren Raum unter dem Dach eine Kniestockanhebung durchführen lassen muss, kommt man oft noch nicht einmal annähernd an die Kosten eines Anbaus heran.