Wenn der alte Dachstuhl verwittert und nicht mehr tragfähig ist, eine Kniestockanhebung durchgeführt wird oder ein Haus neu gebaut wird, braucht es natürlcih einen neuen Dachstuhl. Welche Kosten das verursachen kann und welche Kostenunterschiede dabei anfallen können, erklärt ausführlich der Kostencheck-Experte im Interview.
Frage: Woraus besteht ein Dachstuhl – und was muss man dabei beachten?
Kostencheck-Experte: Der Dachstuhl beim Steildach (Flachdächer brauchen eine anders ausgeführte Unterkonstruktion, meist eine Betondecke) ist eine Holzkonstruktion, die als sogenanntes Tragwerk fungiert.
Das heißt, der Dachstuhl ist das „Gerüst“, das die gesamte Dachkonstruktion trägt. Die auftretenden Kräfte werden dabei geordnet an das Mauerwerk übertragen, auf dem der Dachstuhl errichtet ist. Die tragenden Mauern übertragen diese Kräfte dann in das Erdreich.
Ein Dachstuhl muss dabei nicht nur sich selbst und das Gewicht der Dacheindeckung tragen (das schon bei einer Eindeckung mit Betonsteinen erheblich sein kann), sondern zusätzlich auch noch die auftretenden Windlasten und die Schneelasten im Winter abtragen können.
Aus diesem Grund gelten je nach Gebiet unterschiedliche Voraussetzungen für die Tragkraft eines Dachstuhls. Eine höhere Tragkraft wird dabei einerseits erreicht durch eine Anpassung der Dachform an die jeweils gestellten Herausforderungen, aber auch durch die Konstruktion selbst. Wenn in höheren, exponierten Lagen die Windgeschwindigkeiten häufig im Sturmbereich liegen und hohe Schneelasten im Winter auftreten, ist ein Dachstuhl oft für deutlich höhere Traglasten ausgelegt als in Lagen mit geringem Schneefall im Winter und nur schwachen Winden. Diese höhere Tragfähigkeit kostet dann natürlich auch mehr Geld beim Errichten des Dachstuhls.
Frage: Was kostet ein neuer Dachstuhl durchschnittlich?
Kostencheck-Experte: Das kann man pauschal nicht sagen, da hier viele Faktoren auf den Preis Einfluss nehmen, nicht zuletzt auch die gewählte Dachform.
Im Allgemeinen können Sie bei üblichen Dachstuhlkonstruktionen von Kosten im Bereich von rund 55 EUR pro m² bis 90 EUR pro m² Dachfläche ausgehen.
Abweichungen nach oben sind hier in Einzelfällen aber möglich – vor allem bei komplizierten, aufwendig gestalteten Dächern, die gleichzeitig auch für eine hohe Traglast ausgelegt sind.
Ein kleines Kostenbeispiel aus der Praxis
Wir wollen unser Haus mit einem Walmdach mit 300 m² Dachfläche mit einem neuen Dachstuhl versehen lassen. Es werden Standardhölzer verwendet. Wir wollen aufgrund der interessanten Optik und der höheren Stabilität allerdings ein Walmdach haben.
Posten | Preis |
---|---|
Abriss alter Dachstuhl | 4.300 EUR |
Walmdach – Materialkosten | 9.500 EUR |
Kosten Handwerker | 15.500 EUR |
Gesamtkosten | 29.300 EUR |
Kosten ohne Abriss | 23.000 |
das entspricht | 83,33 EUR pro m² (reine Errichtungskosten, ohne Abriss) |
Hierbei handelt es sich natürlich nur um ein einzelnes Kostenbeispiel für ein ganz bestimmtes Haus und eine bestimmte Dachstuhlkonstruktion. Die Kosten können für andere Dachstühle auf anderen Gebäuden und insbesondere auch in unterschiedlichen geografischen Gebieten auch deutlich anders ausfallen.
In unserem Kostenbeispiel wird auch deutlich, dass die Quadratmeterkosten für einen Dachstuhl bei steigender Dachfläche immer etwas sinken können (die durchschnittliche Dachfläche bei Einfamilienhäusern liegt in der Regel bei rund 150 m² bis 200 m²).
Frage: Wovon hängen die Kosten für einen Dachstuhl in der Regel ab?
Kostencheck-Experte: Hier kommen einige Kostenfaktoren zum Tragen, die berücksichtigt werden müssen:
- die geplante Dachform
- die Dachneigung
- die jeweilige Dachfläche, aber die ergibt sich in der Regel aus Dachform und Neigung
- von der erforderlichen Tragfähigkeit des Dachstuhls
- von den verwendeten Hölzern für den Bau des Dachstuhls
Alle diese Faktoren spielen mit eine Rolle für die Kosten – ein Dachstuhl muss daher immer individuell nach den jeweils bestehenden Vorgaben (und Vorschriften) geplant werden. Darum lassen sich kaum Pauschalpreise nennen, die dann wirklich für die Mehrzahl der Gebäude zutreffend sind.
Frage: Welche Rolle spielt die Dachform für die Kosten beim Dachstuhl?
Kostencheck-Experte: Die Dachform ist ganz wesentlich für die Kosten. Unterschiedliche Dachformen verursachen deutlich unterschiedliche Kosten beim Bau des Dachstuhls.
Die in unseren Breiten gängigen Dachformen bei Steildächern sind:
- das Satteldach
- das Walmdach (schräge Dachflächen auch giebelseitig, in der gleichen Länge wie der Dachsattel)
- das Krüppelwalmdach (giebelseitige Dachflächen sind verkürzt)
- das Mansarddach
Daneben existieren noch einige Sonderformen, die aber nicht so häufig gebaut werden, wie etwa das Fußwalmdach. Sie sind meist Variationen der anderen Dachformen.
Was bei der Dachform ebenfalls noch eine Rolle spielt, ist der Dachüberstand – das heißt, wie weit das Dach über die Fassade hinausragt.
Ein längerer Dachüberstand schützt einerseits die Fassadenfläche, andererseits auch Fenster und Hauseingänge gut vor der Witterung und verlängert damit ihre Lebensdauer. Beim Krüppelwalmdach kann der Walm auch einen giebelseitigen Balkon gut vor Wind und Witterung schützen. Das macht sich auf lange Sicht also bezahlt – verursacht beim Bau aber natürlich zunächst einmal Mehrkosten durch die vergrößerte Dachfläche.
Wichtig sind auch noch Konstruktionsmerkmale im Einzelnen: Dachaustritte, Erker und Gauben machen den Bau des Dachstuhls komplizierter, verbrauchen mehr Material und verteuern damit ebenfalls die Kosten. Bei komplizierten nötigen Konstruktionen kann das durchaus beträchtliche Ausmaße annehmen.
Sieht man sich die einzelnen Dachformen in einem groben Vergleich an, erkennt man, wie groß die Kostenunterschiede aufgrund der Dachform tatsächlich sein können:
Dachform | Kosten pro m² (ungefährer Richtwert) |
---|---|
Satteldach | ca. 55 EUR pro m² bis 60 EUR pro m² |
Mansarddach | ca. 80 EUR pro m² |
Walmdach | ca. 90 EUR pro m² |
Krüppelwalmdach | ca. 70 EUR pro m² bis 85 EUR pro m² je nach Länge des Walms |
Hier handelt es sich natürlich nur um grobe Richtwerte, die aber für viele Gebäude tatsächlich annähernd zutreffen. Wichtig ist hier, vor allem das Verhältnis der Kosten zu beachten: Ein Walmdach, das in Süddeutschland und Österreich recht beliebt ist, kostet immerhin 50 % mehr als ein Satteldach der gleichen Größe.
Das sollte bei der Dachauswahl durchaus auch bedacht werden, wenn es um die Kosten geht. Allerdings haben Walmdächer auch Vorteile.
Frage: Wo liegen die Vor- und Nachteile der einzelnen Dachformen?
Kostencheck-Experte: Jede Dachform hat ihre eigenen Stärken und Schwächen.
Das Satteldach ist der Universalist unter den Dachformen – es ist das kostengünstigste Dach, es ist gut stabil, leicht zu errichten und zu warten und es bietet gerade bei größeren Dachneigungen (ab etwa 35°) auch sehr viel Raum bei einem Dachausbau. Hohen Windlasten und starken Regenfällen kann ein Satteldach bei höheren Dachneigungen (bis 50° oder sogar darüber) auch bereits recht gut standhalten. Bei hohen Schneemengen gibt es sowohl Argumente für eine höhere Dachneigung als auch für eine niedrigere. Das muss im Einzelfall abgewogen werden.
Alle diese Vorteile hat das Walmdach nicht – es ist teuer, aufwendig zu konstruieren und bietet bei einem Dachausbau nur wenig Fläche im Dachraum. Dafür ist es aber deutlich stabiler als alle anderen Dachformen, was durch die vielen in der Konstruktion liegenden Dreiecksformen bedingt ist. In Lagen mit häufig hohen Windgeschwindigkeiten und hohen Schneelasten wäre es die erste Wahl – trotz seiner sonstigen Nachteile.
Das Mansarddach bietet vor allem viel Raum im Dachgeschoss, da es keine einschränkenden Dachschrägen hat. Unter einem Mansarddach bringt man problemlos ein ganzes, vollwertiges Geschoss unter.
Der Nachteil liegt hier aber in der aufwendigen Konstruktion und in der geringeren Stabilität des Dachs. Mansarddächer gelten auch als anfälliger für Reparaturen und Wartungsarbeiten, weil der „Knick“ im Mansarddach sehr problematisch bei der Abdichtung des Dachs ist. Dazu kommt, dass Photovoltaik und Solartechnik auf einem Mansarddach nur sehr eingeschränkt montiert werden können – für viele auch ein ganz wesentlicher Nachteil dieser Dachform.
Ein Mansarddach kann in Einzelfällen auch als Walm-Mansarddach konstruiert sein. In diesem Fall liegen die Kosten dann sogar noch höher als beim klassischen Walmdach, der Nachteil der geringeren nutzbaren Fläche unter dem Dach ist aber aufgehoben.
Frage: Welche Rolle spielt die Dachneigung für die Kosten beim Dachstuhl?
Kostencheck-Experte: Das ist ein sehr einfacher Zusammenhang: die Steilheit des Dachs, also die Dachneigung, ist verantwortlich für die Größe der Dachfläche.
Für die Berechnung der Größe der Dachfläche spielt der spitze Winkel zwischen Dachfläche und Oberkante des Mauerwerks die wichtigste Rolle. Bei zwei gleich großen Gebäuden kann die Größe der Dachfläche dennoch unterschiedlich sein, wenn das Dach eine unterschiedliche Neigung aufweist.
Um die exakte Größe einer Dachfläche zu bekommen, schlägt man den Winkel der Dachneigung üblicherweise in speziellen Tabellen nach und multipliziert dann die Grundfläche des Hauses mit dem dort ausgewiesenen Faktor.
Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Ein Haus mit 5 m Länge und 10 m Breite hat eine Grundfläche von 50 m². Bei einer Dachneigung von 25° wird mit 1,1033 multipliziert, die Dachfläche beträgt dann also 55,165 m².
Bei einer Dachneigung von 45° wird dagegen mit 1,4142 multipliziert, die Dachfläche ist dann also 70,71 m² groß.
Das macht einen erheblichen Unterschied bei den Kosten für den Dachstuhl. Bei einem Walmdach würde das bereits rund 1.400 EUR Kostenunterschied bedeuten.
Frage: Welchen Unterschied macht die Art des verwendeten Holzes beim Dachstuhl aus?
Kostencheck-Experte: Man kann natürlich seinen Dachstuhl auch aus hochwertigeren Hölzern herstellen lassen – das wird vor allem bei sogenannten Sichtdachstühlen (die später sichtbar bleiben sollen) gemacht.
KVH (Konstruktionsvollholz) ist beispielsweise eine hochwertigere Alternative, die auch deutlich teurer ist als die gewöhnlich verwendeten Hölzer.
Auch wenn es besondere Wünsche in Bezug auf die Holzart gibt, muss man mit teils empfindlichen Mehrkosten rechnen.
Frage: Inwieweit wirkt sich eine höhere benötigte Tragfähigkeit auf die Kosten aus?
Kostencheck-Experte: Beim Dachstuhl werden immer einige Dinge individuell berechnet:
- die Pfettenabstände
- die Sparrenabstände
- die Breite und Tiefe von Pfetten und Sparren
Das hängt mit der benötigten Tragfähigkeit zusammen. Je enger Pfetten und Sparren gesetzt werden, desto mehr Material wird verbraucht – und der Dachstuhl wird dann teurer.
Welche Anforderungen statischer Art an einen Dachstuhl bestehen, ist durch bestimmte regionale Vorschriften geregelt, die bei der Konstruktion zwingend einzuhalten sind.
Eine höhere benötigte Tragfähigkeit verursacht dann auch höhere Kosten.