Seit dem 1. Januar 2009 gilt in Deutschland die allgemeine Krankenversicherungspflicht. Demnach muss jeder Mitglied einer gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung sein. Auch gesetzlich Versicherte können zwischen diversen Anbietern wählen, deren Leistungen variieren. Doch was kostet eine Krankenversicherung und gibt es für Arbeitnehmer Alternativen zur GKV? Diese und viele weitere Fragen klären wir im Interview mit dem Kostencheck-Experten.
Was versteht man unter “gesetzliche Krankenversicherung”?
Kostencheck: Die Hauptaufgabe der GKV ist es laut Sozialgesetzbuch „die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu verbessern.“ Sie soll eine vollwertige medizinische Versorgung, entsprechend dem Bedarf des Versicherten, sicherstellen. Alle zahlen, abhängig von ihrem Einkommen, in das System ein. Dadurch stehen finanzschwachen Mitgliedern die gleichen Leistungen zur Verfügung wie jenen der oberen Einkommensgruppe (Solidargemeinschaft).
Per Gesetz sind alle Arbeiter und Angestellten Pflichtmitglieder. Nur wer über der Versicherungspflichtgrenze verdient, kann auf eigenen Wunsch die GKV verlassen und Mitglied einer Privaten Krankenversicherung werden. Auch Beamte und Selbstständige sind nicht zur Mitgliedschaft verpflichtet, können sich aber freiwillig gesetzlich versichern.
Wie hoch sind die aktuellen Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung?
Kostencheck: Die Beiträge richten sich nach der Höhe des Bruttoeinkommens. Die Beitragshöhe steigt proportional zum Einkommen, allerdings gibt es eine Beitragsbemessungsgrenze. Diese lag 2018 bei 4.425 EUR monatlich und liegt 2019 bei 4.537,50 EUR. Diese, die maximal zu leistenden Versicherungsbeiträge bestimmende Summe, wird jährlich angepasst. Oberhalb dieser bleiben die Beiträge gleich. Dadurch will der Gesetzgeber für Besserverdienende einen Anreiz schaffen, in der gesetzlichen Krankenversicherung zu verbleiben.
Der allgemeine Beitragssatz für alle gesetzlichen Krankenversicherungen beträgt seit dem 1. Januar 2015 einheitlich 14,6 Prozent des Bruttolohns. Da in Deutschland das Paritätsprinzip gilt, tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer hiervon jeweils die Hälfte, also 7,3 Prozent.
Beispiel: Verdienen Sie 2.500 EUR brutto, entspricht der gesamten Krankenkassenbeitrag 365 EUR. Hiervon übernimmt der Arbeitgeber 182,50 EUR.
Hinzu kommt ein kassenindividueller Zusatzbeitrag. Auch dieser wird anhand des Bruttoverdienstes bemessen und wird seit 1. Januar 2019 wieder je zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer finanziert.
Sind die Zusatzbeiträge aller gesetzlichen Krankenkassen gleich?
Kostencheck: Nein, diese variieren, da der allgemeine Beitragssatz für die meisten Krankenkassen nicht kostendeckend ist. Aus diesem Grund kalkulieren die Versicherungen einen individuellen Zusatzbeitrag.
Nachfolgend haben wir einige Krankenversicherer und Ihre Beitragsentwicklung aufgelistet:
Krankenversicherung | Zusatzbeitrag 2018 | Beitragssatz 2018 | Zusatzbeitrag 2019 | Beitragssatz 2019 |
---|---|---|---|---|
hkk Krankenkasse | 059 Prozent | 15,19 Prozent | 0,39 Prozent | 14,99 Prozent |
Techniker Krankenkasse | 0,9 Prozent | 15,5 Prozent | 0,7 Prozent | 15,3 Prozent |
Debeka BKK | 0,9 Prozent | 15,5 Prozent | 0,8 Prozent | 15,4 Prozent |
BARMER | 1,1 Prozent | 15,7 Prozent | 1,1 Prozent | 15,7 Prozent |
Knappschaft | 1,1 Prozent | 15,7 Prozent | 1,1 Prozent | 15,7 Prozent |
Regional geöffnete Krankenkassen:
Krankenversicherung | Zusatzbeitrag 2018 | Beitragssatz 2018 | Zusatzbeitrag 2019 | Beitragssatz 2019 |
---|---|---|---|---|
AOK Sachsen-Anhalt | 0,3 Prozent | 14,9 Prozent | 0,3 Prozent | 14,9 Prozent |
AOK Baden-Württemberg | 1,0 Prozent | 15,6 Prozent | 0,9 Prozent | 15,5 Prozent |
IKK Nord | 1,3 Prozent | 15,9 Prozent | 1,3 Prozent | 15,9 Prozent |
AOK Rheinland/Hamburg | 1,4 Prozent | 16,0 Prozent | 1,1 Prozent | 15,7 Prozent |
IKK Südwest | 1,5 Prozent | 16,1 Prozent | 1,5 Prozent | 16,1 Prozent |
Wie viel lässt sich bei der gesetzlichen Krankenversicherung sparen?
Kostencheck: Da seit Anfang des Jahres die Arbeitgeber die Hälfte der Zusatzbeiträge übernehmen, sinkt das mögliche Sparpotenzial. Verlangt Ihre Kasse beispielsweise einen Zusatzbeitrag von 0.9 Prozent, können Sie durch den Wechsel in die günstigste Kasse bei einem Bruttoeinkommen von 2.000 EUR nur noch etwa 60 EUR jährlich sparen.
Welche Leistungen bietet die gesetzliche Krankenversicherung?
Kostencheck: Durch die vom Staat vorgegebenen Regelleistungen ist die Versorgung in der GKV, unabhängig von der Versicherung, nahezu identisch. Sie deckt alle lebenswichtigen, medizinischen Bereiche ab.
Freier agieren können die Krankenversicherungen beim Umfang der angebotenen Zusatzleistungen. So bezahlen einige Versicherer auch homöopathische Arzneien oder Reiseimpfungen. Manche Vorsorgeuntersuchungen werden erst ab einem bestimmten Alter bezahlt. Es gibt jedoch Kassen, die auf Vorsorge setzen und derartige Maßnahmen bereits bei jüngeren Personen erstatten.
Manche Krankenversicherungen bieten Wahltarife, in denen die Versicherten spezielle Leistungen oder Beitragsrückerstattungen erhalten können. Andere Kassen zahlen Ihren Mitgliedern einen Bonus, wenn diese bestimmte Anforderungen erfüllen. So wird beispielsweise belohnt, wenn Sie nicht zur Zigarette greifen oder regelmäßig an Sportprogrammen teilnehmen. Teils wird der Bonus in barer Münze ausbezahlt, teils bekommen Sie Sachprämien oder Zuschüsse zu medizinischen Leistungen.
Beim Service haben manche Kassen ein gut ausgebautes Netz an Geschäftsstellen, in denen Sie sich persönlich beraten lassen können. Bei anderen Krankenkassen müssen Sie weite Anfahrtswege in Kauf nehmen oder Sie erhalten die gewünschten Informationen per Telefon, E-Mail oder Chat. Insbesondere für Senioren kann sich dies als nachteilig erweisen.
Wie eine Kasse die Kunden behandelt, ist ebenfalls ein wichtiges Qualitätsmerkmal, denn die Güte des Services schwankt stark. Werden Kuren und Reha-Maßnahmen zügig bewilligt oder müssen Sie lange um derartige Leistungen kämpfen? Erhalten Sie kompetent Auskunft und wird auf Ihre Fragen freundlich und individuell eingegangen? Hören Sie sich im Freundes- und Bekanntenkreis um und beziehen Sie die Erfahrungen in Ihre Überlegungen ein.
Kann ich die Krankenkasse frei wählen?
Kostencheck: Seit dem 1. Januar 1996 können die Versicherten selbst entscheiden, in welcher Krankenkasse Sie Mitglied sein wollen. Allerdings haben die gesetzlichen Krankenkassen nahezu den gleichen, vorgegebenen Leistungskatalog. Rund 96 Prozent der Leistungen sind demnach vom Gesetzgeber eindeutig definiert.
Dennoch lohnt ein Leistungsvergleich der Anbieter, insbesondere, wenn Sie auf bestimmte Individualleistungen Wert legen.
Darf ich als gesetzlich Versicherter den Arzt frei wählen?
Kostencheck: Jeder Versicherte darf frei entscheiden, zu welchem Arzt er gehen möchte. Einzige Voraussetzung, damit die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten übernimmt, ist die Kassenzulassung des Mediziners.
Allerdings können Sie Ihren Arzt im laufenden Quartal nur unter bestimmten Bedingungen wechseln, beispielsweise weil das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstört ist. Eingeschränkt ist dieses Recht auch, wenn Sie am Hausarztmodell oder einer integrierten Versorgung teilnehmen.
Im Krankenhaus ist das Recht auf freie Arztwahl ebenfalls beschränkt. In der Regel haben Sie nur die Wahl, in welchem Krankenhaus Sie sich behandeln lassen möchten. Die Therapie selbst nimmt dann meist der diensthabende Arzt vor.
Wie funktioniert die Kostenerstattung?
Kostencheck: Dies ist einer der großen Vorteile der gesetzlichen Krankenversicherung. Anders als bei Privatpatienten, welche die Behandlungskosten zunächst aus eigener Tasche begleichen und auf eine Erstattung der Krankenkasse warten müssen, rechnet der Arzt direkt mit Ihrer Krankenversicherung ab. Sie müssen lediglich vor Behandlungsbeginn die sogenannte Versicherungskarte vorzeigen.
Ich musste kürzlich bei Arzneimitteln zuzahlen. Warum?
Kostencheck: Alle gesetzlich Krankenversicherten müssen zu den Gesundheitskosten, beispielsweise bei verschreibungspflichtigen Medikamenten, Zuzahlungen in Kauf nehmen. Die Belastungsgrenze liegt bei zwei Prozent des Bruttoeinkommens. Leiden Sie unter einer chronischen Erkrankung, liegt diese bei einem Prozent.
Haben Sie diese Grenze im laufenden Jahr überschritten, können Sie sich für den Rest des Kalenderjahres von weiteren Zuzahlungskosten befreien lassen. Sammeln Sie hierzu alle Rechnungen und Belege von Arzneimitteln, medizinischen Hilfsmitteln und Behandlungen. Fügen Sie diesem dem Antrag auf Zuzahlungsbefreiung bei.
Tipp: Sie können sich rückwirkend für vier Jahre von Zuzahlungen befreien lassen. Zu viel geleistete Beträge erstattet Ihnen die Krankenkasse zurück.
Ich möchte die Krankenversicherung wechseln. Worauf muss ich bei der Kündigung achten?
Kostencheck: Grundsätzlich können Sie nach 18 Monaten Mitgliedschaft in eine andere GKV wechseln. Erhöht die Kasse, in der Sie derzeit Mitglied sind, die Zusatzbeiträge, haben Sie ein Sonderkündigungsrecht.
Kündigen Sie rechtzeitig zwei Monate zum Monatsende. Sehen Sie sich bereits im Vorfeld nach einer Kasse um, deren Leistungsumfang Ihren Vorstellungen entspricht. Gesetzliche Krankenversicherer dürfen niemanden ablehnen und müssen Sie auch dann aufnehmen, wenn Sie krank sind oder ein bestimmtes Alter überschritten haben.
Achtung: Beim Kassenwechsel kann es passieren, dass die neue Krankenkasse Verträge mit einem anderen Hilfsmittel-Hersteller hat. Chronisch Kranke sollten sich deshalb im Vorfeld unbedingt erkundigen, ob sie die gewohnten Präparate weiterhin beziehen können.
Lohnt ein Wechsel in die Private Krankenversicherung und wer kann überhaupt dort Mitglied werden?
Kostencheck: Ohne weitere Voraussetzungen können:
- Beamte,
- Selbstständige,
- Freiberufler,
- Studenten
in die PKV eintreten.
Sind Sie Arbeiter oder Angestellter, muss Ihr Bruttoverdienst über der Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 60.750 EUR jährlich liegen. Diese Grenze wird jedes Jahr aufs neue festgesetzt.
Insbesondere in jungen Jahren punktet die Private Krankenversicherung mit günstigen Tarifen. Allerdings können diese Beiträge im Laufe der Jahre stark ansteigen, sodass die finanzielle Belastung sehr hoch ist. Lassen Sie sich deshalb nicht nur von niedrigen Beiträgen anlocken, sondern prüfen Sie die Qualität der Versicherung eingehend und vergleichen sie deren Leistungen mit jenen, die Sie in der GKV haben.
Ist die Pflegeversicherung verpflichtend?
Kostencheck: Ja, Sie müssen unabhängig davon wie Sie krankenversichert sind, Beiträge zur Pflegeversicherung entrichten. Da diese nahezu identisch sind, spielen sie bei der Auswahl der Krankenkasse so gut wie keine Rolle.