Textilbeton ist ein hochmoderner Werkstoff, der erst seit wenigen Jahren erforscht und verwendet wird. Welche Kosten Textilbeton in Zukunft verursachen und welche Kosten er ersparen könnte, erklärt der Kostencheck-Experte im Interview.
Frage: Was ist Textilbeton – und wo wird er eingesetzt?
Kostencheck-Experte: Textilbeton ist eine interessante Neuentwicklung im Betonbereich aus den letzten Jahren. In Deutschland hat Textilbeton erst seit 2014 überhaupt eine bauaufsichtliche Zulassung – und auch das nur für nichttragende Teile.
Eingesetzt wird Textilbeton bislang nur versuchsweise bei einzelnen Projekten, allerdings mit großem Erfolg. Er bewährt sich hervorragend als Alternative zu klassisch bewehrtem Beton (Stahlbeton) und wird zukünftig wohl auch im Bereich des Betonfertigteilbaus öfter zu finden sein.
Bislang beschränken sich die Einsatzbereiche vor allem auf die Brückensanierung und den Fassadenbau, wo bereits gelungene
Beispiele weltweit zu sehen sind. Ein weiteres Experimentierfeld stellen auch Deckenkonstruktionen dar, hier gibt es allerdings bislang noch keine konkreten, anschaulichen Ergebnisse.
Frage: Was kostet Textilbeton – und welche Kosten erspart er?
Kostencheck-Experte: Konkrete Kosten kann man für Textilbeton noch nicht nennen – bislang werden Bauteile nur einzeln nach den besonderen Anforderungen hergestellt.
Jedes hergestellte Bauteil ist damit ein Einzelstück – das treibt die Kosten bislang natürlich in die Höhe. Bis Textilbetone tatsächlich als vor Ort verarbeitbares Gemisch eingesetzt werden können, dauert das wahrscheinlich noch einige Jahrzehnte.
Welche Kosten in der Masenfertigung von Textilbeton-Bauteilen anfallen können, kann man sich aber einmal näherungsweise überlegen – indem man sich nämlich das Bewehrungsmaterial ansieht.
Je nach Materialart liegen die Kosten für ein nach speziellen Anforderungen gelegtes Gewebe in vielen Fällen bei lediglich 10 EUR pro m² bis 40 EUR pro m² – also noch relativ kostengünstig. Dazu würden sich noch die Kosten für Feinbeton in besonders hoher Festigkeit addieren. Die Betonpreise sind etwas schwieriger zu kalkulieren – im Regelfall werden Sie allerdings von rund 150 EUR pro m³ bis 200 EUR je m³ Herstellungspreis ausgehen können.
Die Rechnung ist aber wie gesagt nur ein Gedankenspiel – bislang gibt es keinen Textilbeton zu kaufen, der vor Ort zu verarbeiten wäre, und auch Betonfertigteile aus Textilbeton werden nur jeweils für einzelne Anforderungen hergestellt.
Welche Kosten man sparen kann, lässt sich an einem einfachen Beispiel überlegen:
Ein Bauträger lässt bei einem Stahlbetonbau von 40 m x 15 m (Gewerbebau) die Fassade nicht aus Stahlbeton, sondern aus Faserbeton herstellen. Dadurch würde – bei ansonsten gleichen Maßen – der Innenraum des Gebäudes vergrößert werden. In unserem Beispiel können wir von 7 cm Zugewinn pro Meter Wand ausgehen.
Zugewinn pro m Wand | Zugewinn an Fläche gesamt (4 Stockwerke) | Zugewinn an Mieteinnahmen (bei 15 EUR pro m²] | Zugewinn an Mieteinnahmen über 10 Jahre |
---|---|---|---|
7 cm | 30 m² | +5.400 EUR pro Jahr | +54.000 EUR pro Jahr |
Das ist natürlich nur ein einzelnes Beispiel, das allerdings mit konkreten und realistischen Zahlen gerechnet ist. Unser Kostenbeispiel zeigt aber bereits, in welchem Rahmen sich Kosteneinsparungen oder Zugewinne bewegen können.
Die möglicherweise höheren Kosten für den Textilbeton selbst gleichen sich aber aufgrund anderer Kosten möglicherweise schnell wieder aus.
Frage: Wovon hängen die Kosten von Textilbeton ab – oder wovon werden sie zukünftig abhängen?
Kostencheck-Experte: Nun – ein ganz großer Faktor wird sein, in welchem Maßstab Textilbeton in Zukunft hergestellt oder eingesetzt wird. Das bestimmt mit Sicherheit vor allem den Preis.
Daneben gibt es noch einige andere Faktoren, die den Preis mitbestimmen werden:
- die Kosten für das Bewehrungsgewebe
- die Kosten für den benötigten Feinbeton
- die Verarbeitungskosten bei Fertigteilen, die in hohen Mengen hergestellt werden
Alle diese Faktoren lassen sich nur schwer vorhersagen. Im Moment ist jedes Bauteil noch eine für sich einzelne Entwicklung und individuell angefertigt. Hier sind die Kosten natürlich deutlich höher, als sie bei Bauteilen aus der Serienfertigung wären.
Frage: Welche Kosten muss man für das Bewehrungsgewebe rechnen, oder welche Kosten können für solche Gewebe anfallen?
Kostencheck-Experte: Das richtet sich natürlich danach, welche Gewebe in welcher Weise in die Betonteile eingebaut werden.
Im Großen und Ganzen wird Textilbeton heute mit 3 verschiedenen Faserarten hergestellt:
- Carbonfasern bzw. Carbonfasergelege oder -gewebe
- Aramidfasergewebe und
- Glasfasergewebe
Anders als beispielsweise beim Glasfaserbeton werden hier nicht einzelne Fasern eingesetzt, die dann eine „zufällige“ Bewehrung ergeben. Beim Textilbeton werden ganze Gewebe eingesetzt, die die Spannungen im Beton ganz gezielt auffangen können, weil man die Gewebeausrichtung im Bauteil genau bestimmen kann.
Nur so lassen sich auch sehr dünne Bauteile herstellen, die dennoch hohe Kräfte aufnehmen und aushalten können.
Die Preise für Carbonfasergewebe liegen heute bei industrieller Herstellung in bestimmten Mustern bei rund 10 EUR pro m² bis 30 EUR pro m² – das gilt auch durchaus für Stärken bis zu 300 g/m² oder sogar darüber.
Aramidgewebe wäre im Einsatz schon teurer – hier müsste man von Quadratmeterpreisen zwischen 20 EUR pro m² und 40 EUR pro m² ausgehen. Da die Bearbeitung von Aramidgeweben aber etwas aufwändiger und komplizierter ist, könnte das Herstellen einer exakt nach Maß geformten Bewehrung etwas teurer sein.
Glasfasergelege und Glasfasergewebe wären dagegen wiederum etwas günstiger – hier kann man im Vergleich Quadratmeterpreise von von 5 EUR pro m² bis 10 EUR pro m² rechnen. Das wäre also eine eher kostengünstige Alternative.
Am Ende werden jedoch immer der geplante Einsatzzweck und die benötigten technischen Eigenschaften über die Art des eingesetzten Materials entscheiden.
Allen Geweben gemeinsam ist, dass keine hohe Mindestüberdeckung wie bei Stahlbeton nötig ist. Das ermöglicht schmale und dünne Bauteile die sonst nicht möglich wären.
Rechnet man diese Kosten einmal im Vergleich zu herkömmlichem Bewehrungsstahl (z.B. Stahlmatten), kann man schon hier für einfache Bewehrungen ebenfalls rund 10 EUR pro m² bis 20 EUR pro m². Solche Bewehrungen sind also auch nicht viel kostengünstiger, und zudem ist der Preis oft recht stark schwankend, je nach aktuellem Stahlpreis.
Frage: Was gibt es bei den Betonkosten dann zu bedenken?
Kostencheck-Experte: Im Grund zwei Dinge: einerseits braucht man einen hochfesten Feinbeton in einer entsprechenden Güteklasse – C75/80 ist hier sicherlich häufig angemessen. Das verursacht natürlich zunächst einmal deutlich höhere Kosten als weniger feste, gewöhnliche Betone.
Auf der anderen Seite benötigt man wegen der deutlich dünneren Bauteile eine viel geringere Betongesamtmenge, wodurch sich das insgesamt durchaus rechnen könnte. Vermutlich ergeben sich insgesamt dennoch hohe Kostenvorteile.
Frage: Sie haben bei dem Kostenbeispiel kurz erwähnt, dass sich die höheren Kosten für den Textilbeton im Vergleich zu klassischen Betonbauteilen eventuell ausgleichen könnten – wodurch?
Kostencheck-Experte: Nun – hier muss man gleich mehrere Faktoren in Betracht ziehen.
Kehren wir einmal zu unserem Kostenbeispiel zurück. Unsere Fassadenplatten aus Textilbeton sind – im Vergleich zu den ursprünglich geplanten – ja um 7 cm je Platte dünner. Das heißt, wir können auch dreimal so viele Platten gleichzeitig auf einem LKW transportieren, und brauchen damit auch nur ein Drittel der notwendigen Anliefer-Fahrten. Das bedeutet dann eben auch insgesamt ein Drittel der Transportkosten. Das kann in manchen Fällen durchaus beträchtliche Summen ausmachen.
Dass wir auch deutlich weniger Betonmenge für die gleiche Fassadenfläche brauchen, wirkt sich natürlich auch auf gewisse Weise aus.
Frage: Wie sieht es mit der Haltbarkeit bei Textilbeton aus?
Kostencheck-Experte: Hier stehen wir einem weiteren, möglicherweise hohen Einsparpotenzial gegenüber – nämlich der Dauerhaftigkeit von Textilbeton und dem Thema nötiger Betonsanierungen.
Bei herkömmlichem Stahlbeton gibt es im Lauf der Zeit – bedingt durch unterschiedliche Umwelteinflüsse – immer wieder einmal kleine Risse und Schäden. Durch diese Beschädigungen dringt im Lauf der Zeit Wasser bis ins Innere des Betons vor, nach einiger Zeit kann die Stahlbewehrung anfangen zu korrodieren. Durch die chemischen Prozesse bei der Betonkorrosion werden die Risse dann immer weiter aufgesprengt und es kommt zu massiven Schäden am Beton, mit der Zeit leiden dann auch die Tragfähigkeit und die Betonfestigkeit. Dann wird eine aufwändige Betonsanierung fällig – was natürlich mit hohen Kosten verbunden ist.
Beim Textilbeton gibt es keine Korrosion – die verwendeten Gewebe sind korrosionsfest und darüber hinaus auch ausgesprochen beständig.
Sieht man den Einsatz von Textilbeton für tragende Bauteile also einmal langfristig, ergeben sich enorme Kostenvorteile durch die nicht mehr nötigen Betonsanierungen auf lange Sicht.
Frage: Das heißt, unsere maroden Autobahnbrücken in Deutschland könnten so deutlich kostengünstiger saniert werden?
Kostencheck-Experte: Tatsächlich gibt es gerade bei der Brückensanierung schon lange Überlegungen, Textilbeton vermehrt einzusetzen. Der Einspareffekt durch die lange Haltbarkeit solcher Betone und die wegfallenden äußerst kostenaufwändigen Sanierungen ist natürlich gerade hier äußerst interessant.
Wie gut man eine schon sehr baufällige Brücke dann tatsächlich mit Textilbeton wieder sanieren kann, müssen Erfahrungen in der Praxis allerdings erst zeigen. Für die Zukunft ist das aber sicher eine interessante Überlegung.
Frage: Textilbeton ist also der „Kostensparer“ der nahen Zukunft?
Kostencheck-Experte: In gewisser Weise schon. Man muss Textilbeton allerdings auch deutlich weiter denken: auf der einen Seite von den eingesparten Ressourcen her, da insgesamt deutlich weniger Beton für die gleichen Bauwerke oder Bauteile benötigt wird. Das hat auch ökologische Auswirkungen – die nicht gerade umweltfreundliche Zementherstellung, die auch hohe CO2-Emissionen verursacht, kann dann ja ebenfalls entsprechend gedrosselt werden.
Auch Transportkosten für Fertigteile können – wie schon in unserem Beispiel – dann deutlich sinken. Bauwerke können mit dünneren Wänden leichter und schneller errichtet werden, was ebenfalls wiederum Kosten spart.
Textilbeton bietet also einige interessante Potenziale für die nächsten 10 – 20 Jahre und darüber hinaus. Aus diesem Grund werden auch viele Forschungen in diesem Bereich vorgenommen, um die Idee weiterzuentwickeln – etwa im C³-Projekt (Carbon Concrete Compound), das auch von der öffentlichen Hand unterstützt wird. Textilbeton ist also weit mehr als nur ein „Kostensparer“.