Bei allen Arbeiten, bei denen die Tragfähigkeit und die Stabilität von Gebäuden eine Rolle spielt, ist der Statiker – streng korrekt lautet die Bezeichnung „Tragwerksplaner“ – gefordert. Das kann beim Bau eines Einfamilienhauses ebenso sein wie bei einer Überprüfung der Bodenmechanik oder beim Einbau eines Fensters in eine tragende Wand. Welche Kosten für die Leistungen des Statikers zu rechnen sind, erklärt ausführlich der Kostencheck-Experte im Interview.
Frage: Was kostet ein Gutachten vom Statiker?
Kostencheck-Experte: Die Kosten für die Leistungen eines Tragwerksplaners lassen sich nicht pauschal angeben. Sie hängen immer von der gestellten Begutachtungsaufgabe, von der Größe und Komplexität des Projekts und einigen weiteren Faktoren ab.
Grundsätzlich gilt für das Honorar des Statikers – ebenso wie für den Architekten und andere Bauingenieure – die HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) als verpflichtend. Dort ist detailliert geregelt, welches Honorar der Statiker für seine Leistung verlangen darf. Darüber oder darunter liegende Honorare sind nicht zulässig.
Die HOAI gilt allerdings erst ab einem Bauwert von 10.226 EUR (Mindestwert). Liegen die Kosten einer Umbaumaßnahme unterhalb dieses Wertes, kann der Statiker sein Honorar frei mit dem Auftraggeber vereinbaren. Als üblich gelten dabei Stundensätze zwischen 80 EUR und 120 EUR pro Stunde. Über einem Bauwert von 10.226 EUR sind aber die Honorarvorgaben der HOAI zwingend anzuwenden.
Die Honorarberechnung in der HOAI beruht dabei auf folgenden Grundlagen:
- den sogenannten anrechenbaren Kosten
- der Honorarzone und
- dem Honorarsatz
- dem Zuschlag für Leistungen im Bestand
- den unterschiedlichen Leistungsphasen, in denen der Statiker Leistungen erbringt
Anrechenbare Kosten
Die anrechenbaren Kosten von denen der Statiker ausgeht, sind andere Kosten als die, die der Architekt bei der Berechnung seines Honorars verwendet. Der Architekt geht grundsätzlich von den gesamten Baukosten eines von ihm geplanten Bauwerks ohne Mehrwertssteuer aus, die Kosten für Außenanlagen und bestimmte technische Einrichtungen werden dabei teilweise herausgerechnet.
Für den Statiker sind in seiner Honorarberechnung die anrechenbaren Kosten dagegen: 55 % der Baukonstruktionskosten plus 10 % der technischen Anlagen eines Gebäudes.
Bei statischen Berechnungen, bei denen es nicht um ein Gebäude geht, bei denen die anrechenbaren Kosten aber über dem Mindestwert (10.226 EUR) liegen, muss auf die Baukonstruktionskosten geschaut werden. Auch hier gelten wiederum Netto-Beträge, also die (gegebenenfalls geschätzten) Kosten ohne Mehrwertssteuer.
Die anrechenbaren Kosten bilden die Grundlage für die Berechnung des Statiker-Honorars nach der HOAI.
Honorarzone
Bei der gewählten Honorarzone geht es um den Schwierigkeitsgrad der Planung. Insgesamt gibt es fünf Honorarzonen, die mit römischen Ziffern von I bis V bezeichnet werden.
Honorarzone I bezeichnet dabei sehr geringe Planungsanforderungen für den Statiker, bei Honorarzone II gibt es immer noch geringe Anforderungen an die Planung. Honorarzone III wird verwendet, wenn es sich um durchschnittlich schwierige Planungsanforderungen handelt. Die Honorarzonen IV und V werden für schwierige und sehr schwierige Planungsanforderungen verwendet.
Was als einfach und was als schwierig zu bewerten ist, wird dabei ebenfalls über die HOAI exakt geregelt. Der Statiker kann diese Werte nicht nach eigenem Gutdünken vergeben, sondern muss sich einer genau vorgeschriebenen Punktebewertung bedienen.
Honorarsätze
Innerhalb der Honorarzonen gibt es die Honorarsätze. Unterschieden wird dabei nach Mindest-, Mittel- und Höchstsatz. Die Honorarsätze spiegeln den Aufwand wieder, den der Statiker mit der Planung hat.
Auch hier darf nicht einfach frei gewählt werden – welche Gegebenheiten jeweils den Mindest-, Mittel- oder Höchstsatz erlauben, ist in der HOAI ebenfalls sehr genau geregelt. Im Anhang der HOAI finden sich dazu noch Vergleichsbeispiele für die einzelnen Honorarsätze.
Gegebenenfalls kann auch ein Viertel- und ein Dreiviertelsatz eingesetzt werden, um den Aufwand noch mehr zu präzisieren.
Zuschläge für Leistungen im Bestand
Wenn neben einer neuen Baukonstruktion auch Bauteile aus dem vorhandenen Bestand mit verändert werden, fließt das in die Berechnung des Statikers mit ein.
Bei der Berechnung seines Honorars nach HOAI ist dem Statiker dabei die Möglichkeit gegeben, bestimmte Leistungszuschläge als Prozentwert mit einfließen zu lassen. Die erlaubten Werte gehen bis zu 80 %, die der Statiker als Zuschlag in die Berechnung einsetzen kann.
Die Vorgabe, welche Zuschläge in welchen Fällen zur Anwendung kommen und wie sich der jeweilige Prozentsatz errechnet, sind ebenfalls in der HOAI genau festgelegt.
Leistungsphasen
Die Arbeit des Statikers gliedert sich in unterschiedliche Tätigkeiten. Diese spiegeln sich in verschiedenen Leistungsphasen bei der Planung wider.
Insgesamt gibt es sechs verschiedene Leistungsphasen. Jede Leistungsphase hat dabei einen unterschiedlichen Anteil am Gesamthonorar des Statikers.
Bezahlt werden müssen dabei nur die Leistungsphasen, die auch tatsächlich in Anspruch genommen werden. Leistungen, die der Statiker nicht erbringt, müssen auch nicht bezahlt werden. Welche Tätigkeiten zu welcher Leistungsphase gehören, regelt ebenfalls die HOAI sehr detailliert.
Genaue Berechnung möglich aber zahlreiche Daten erforderlich
Bei anrechenbaren Kosten über 10.226 EUR kann man das Honorar des Statikers über die HOAI also auf den Cent genau ausrechnen. Hier geschieht nichts nach Gutdünken, sondern nach sehr genauen Regeln.
Für die Berechnung sind allerdings – neben der exakten Kenntnis aller Vorgaben der HOAI – auch zahlreiche Werte notwendig. Bei Streitigkeiten wegen des Honorars liegen die Diskussionspunkte dann häufig im Bereich der Höhe der anrechenbaren Kosten (vielfach können diese Kosten im Vorfeld nur geschätzt werden, über das Schätzergebnis kann man dann durchaus geteilter Auffassung sein).
Andere Diskussionspunkte sind die Auswahl der Honorarzone und die Auswahl der Honorarsätze.
Um sich auf ein Honorar zu einigen, muss man sich also zunächst über diese grundlegenden Dinge einig sein. Hat man diese Eingung zur beiderseitigen Zufriedenheit hergestellt, gibt es keine Diskussion mehr über das Honorar – die Berechnung des Honorars folgt dann einem immer gleichen, unveränderbaren Weg und liefert bei gleichen Voraussetzungen immer das gleiche Ergebnis.
Kostenbeispiel aus der Praxis
Für ein Einfamilienhaus wird von einem Statiker die Tragwerksplanung übernommen. Die anrechenbaren Kosten belaufen sich auf 85.000 EUR.
Verwendet werden Honorarzone III und der Mindestsatz für die Berechnung.
Posten | Preis |
---|---|
Honorarberechung Honorarzone III, Mindestsatz, alle Leistungsphasen | 11.103,60 EUR |
MwSt. | 2.109,68 EUR |
Gesamtkosten Brutto | 13.213,28 EUR |
Hierbei handelt es sich nur um ein einzelnes Kostenbeispiel für einen konkreten Einzelfall. Die Kosten für den Statiker können in anderen Fällen unterschiedlich liegen.
Anteil der Leistungsphasen am Gesamthonorar:
Leistungsphase | Prozent Gesamthonorar | Betrag (netto) |
---|---|---|
1 Grundlagenermittlung | 3 % | 333,11 EUR |
2 Vorplanung | 10 % | 1.110,36 EUR |
3 Entwurfsplanung | 15 % | 1.665,54 EUR |
4 Genehmigungsplanung | 30 % | 3.331,08 EUR |
5 Ausführungsplanung | 40 % | 4.441,44 EUR |
6 Vorbereitung der Vergabe | 2 % | 222,07 EUR |
Frage: Von welchen Faktoren hängen die Kosten für den Statiker ab?
Kostencheck-Experte: Für die Kosten ist maßgeblich:
- ob die anrechenbaren Kosten über oder unter 10.226 EUR liegen (also ob die HOAI zur Anwendung kommt oder die Kosten frei vereinbart werden)
- wie hoch die anrechenbaren Kosten liegen
- welche Honorarzone zur Anwendung kommt
- ob Mindest-, Mittel- oder Höchsatz zur Anwendung kommt
- welche Leistungsphasen in Anspruch genommen werden
- bei anrechenbaren Kosten unter dem HOAI-Mindest-Tabellenwert: welcher Stundensatz und welche weiteren Kostensätze zu Grunde gelegt werden
- bei Begutachtungen: was begutachtet wird
- bei Begutachtungen: welchen Aufwand die Begutachtung erfordert (Begutachtung vor Ort, Berechnungen, etc.)
- ob besondere Gutachten erforderlich sind (z. B. bodenmechanisches Gutachten)
Alle diese Faktoren kommen im Einzelfall zum Tragen. Die Kosten für eine Begutachtung können dabei unterschiedlich liegen, selbst wenn bei ähnlichen Häusern vergleichbare Begutachtungen durchgeführt werden. Entscheidend sind hier die Vorgaben für die HOAI-Berechnung und der tatsächlich bestehende Aufwand.
Frage: Was kostet ein einfaches statisches Gutachten bei einer simplen Baumaßnahme, wie etwa dem Einbau eines Fensters in eine tragende Wand?
Kostencheck-Experte: Hier kommt es natürlich immer auf die Leistung an, die ein Statiker tatsächlich erbringen muss.
In vielen Fällen – etwa wenn man sich nicht sicher ist, ob eine Wand tragend ist – kann der Statiker schnell Auskunft geben. Wenn die Auskunft nur mündlich gegeben wird und der Statiker unter Umständen bereits aus der Begutachtung der vorgelegten Baupläne klar sagen kann, dass ein Einbau eines Fensters kein Problem ist, belaufen sich die Kosten in den meisten Fällen auf 250 EUR bis 350 EUR.
Wenn der Statiker vor Ort eine Begutachtung vornehmen muss und die Aufgabenstellung schon etwas schwieriger ist, muss man meist bereits mit Kosten um die 500 EUR rechnen.
Umfassendere Begutachtungen, die auch einiges an Rechenaufwand für den Statiker nach sich ziehen, kosten meist bereits ab 1.500 EUR bis 2.500 EUR.
Alternativ hat ein Statiker auch die Möglichkeit, seinen tatsächlichen Aufwand nach Stundensätzen abzurechnen – er muss nicht zwingend Pauschalen anbieten. Bei der Verrechnung nach Stundensatz muss mindestens von Kosten im Bereich von 80 EUR pro Stunde ausgegangen werden. Diese Kosten können auch höher liegen – üblich sind bis zu 120 EUR Stundensatz.
Frage: Wozu dient ein bodenmechanisches Gutachten und was kostet es?
Kostencheck-Experte: Ein bodenmechanisches Gutachten dient der Ermittlung, Beschreibung und Berechnung der Tragfähigkeit eines Bodens. Das kann wichtig sein, um die Standfestigkeit eines Gebäudes nicht zu gefährden.
Die Kosten für bodenmechanische Gutachten, die auch der Statiker erstellen kann, liegen in den meisten Fällen im Bereich von rund 5.000 EUR.
Frage: Was kostet ein baustatisches Gutachten?
Kostencheck-Experte: Eine baustatische Begutachtung lohnt sich auch nach dem Kauf eines älteren Gebäudes. In diesem Fall geht es nur um mögliche Schäden, die Auswirkungen auf die Tragfähigkeit haben können – das ist immerhin wichtig.
Da die Begutachtungsleistung des Statikers hier in den meisten Fällen recht wenig umfangreich ist, liegen die Kosten für eine solche Begutachtung meist nur bei wenigen hundert Euro.
Im Einzelfall bei schwereren Schäden, die bereits Auswirkungen auf die Tragfähigkeit des Gebäudes haben, können die Kosten aber auch höher liegen.
Frage: Was kostet die Tragwerksplanung für ein Einfamilienhaus und wann ist sie überhaupt nötig?
Kostencheck-Experte: Die Tragwerksplanung wird grundsätzlich vom Architekten während der Bauplanung durchgeführt. Nur in drei deutschen Bundesländern – Berlin, Brandenburg und Hessen – ist eine Begutachtung der Pläne durch einen Tragwerksplaner vom geltenden Baurecht vorgeschrieben. Im Zuge dieser Begutachtung wird auch das Bodengutachten mit herangezogen.
Die Begutachtung durch den Statiker ist hier eine Art „Zweitmeinung“ und eine zusätzliche Kontrolle der vom Architekten bereits in der Planungsphase durchgeführten statischen Berechnung des Gebäudes.
Bei den meisten durchschnittlichen Einfamilienhäusern in diesen Ländern liegen die Kosten für diese „zusätzliche Kontrolle“ bei rund 5.000 EUR bis 7.000 EUR. Bei schwierigen statischen Anforderungen und komplexen Gebäuden (hohe Honorarzone) können die Kosten aber auch höher liegen.
Eine komplexere Anforderung ist beispielsweise ein Haus mit mehreren frei auskragenden Balkonen. Hier sind deutlich umfassendere Berechnungen nötig als bei einem Haus ganz ohne Balkone.
Frage: Können die Kosten für eine statische Begutachtung steuerlich geltend gemacht werden?
Kostencheck-Experte: Das ist durchaus möglich – nämlich immer dann, wenn die statische Begutachtung eine wichtige und begründete Vorsorgemaßnahme zur Sicherheit des Gebäudes war.
In diesem Fall können Privatpersonen die Kosten für den Statiker in ihrer Steuererklärung geltend machen. In welcher Weise diese Geltendmachung erfolgt (zum Beispiel als „außerordentliche Belastung“) hängt immer vom Einzelfall ab. Hier kann ein Steuerberater Auskunft geben.
Unternehmen können die Kosten für den STatiker immer dann als Werbungskosten absetzen, wenn sich im begutachteten Gebäude auch tatsächlich vom Unternehmen genutzte Räume befinden.