Aus organischen, vor sich hin rottenden Abfällen Brennstoff zu gewinnen und dabei gleichzeitig die Klimabelastung unserer Atmosphäre zu verringern, ist eines der wirtschaftlichsten und ökologischsten Dinge überhaupt. Was solche Biogasanlagen kosten und ob sie tatsächlich auch wirtschaftlich sind, beantwortet der Kostencheck-Experte ausführlich im Interview.
Frage: Wie funktioniert eine Biogasanlage überhaupt – und gibt es so etwas überhaupt für Privathaushalte?
Kostencheck-Experte: Biogasanlagen vergären organische Abfälle und jede Art von Biomasse. Das kann sowohl Gülle sein als auch Grünschnitt, Kompost-Abfälle oder speziell für die Vergärung angebaute nachwachsende Rohstoffe (sogenannte NaWaRo).
Das vergärende Material (im technischen Sprachgebrauch auch „Substrat“) genannt erzeugt ein gemischtes Gas, dessen Hauptbestandteil Methan ist. Methan ist ein potenziell noch 25 bis 30 mal höherer Klimaschadstoff als CO₂ – es kann aber hervorragend zur Energiegewinnung verbrannt werden. Je nach Art des Substrats werden zwischen 50 % und 65 % Methan freigesetzt, am höchsten ist der Methananteil bei Schweinegülle, am niedrigsten bei Futterrüben und Maissilage.
Mikroorganismen zersetzen die Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette der organischen Bestandteile in Methan und CO₂ – dafür ist ein Luftabschluss nötig.
Nach der Produktion muss das Gas noch von unerwünschten Stoffen wie Schwefelwasserstoff und Ammoniak gereingt werden, da sie gesundheitsschädlich sind, übel riechen und zudem Motoren und Turbinen korrodieren lassen würden. Das ebenfalls enthaltene CO₂ wird in vielen Fällen abgeschieden und kann technisch verwertet werden.
Der sogenannte Gärrest ist ein sehr hochwertiger Dünger, der laufend durch den ‚Betrieb der Anlage anfällt.
Grundsätzlich handelt es sich bei der Verbrennung aber um eine klimaneutrale Verbrennung, da das enthaltene CO₂ zuvor von den Pflanzen aus der Atmosphäre aufgenommen wurde. Es handelt sich also (wie beim Verbrennen von Holz) um einen prinzipiell geschlossenen CO₂-Kreislauf.
Wirtschaftlich derzeit noch sehr problematisch ist allerdings die Nutzung des gewonnenen Brennstoffs. Eine Aufbereitung und Einspeisung ins Erdgasnetz ist enorm teuer und lohnt sich meist nur für sehr große Anlagen. Dennoch gibt es bereits Versuche, auch kleinere Anlagen für den „Hausgebrauch“ herzustellen, die mit organischen Abfällen aus dem Haushalt und mit Essensresten betrieben werden können.
Frage: Was kostet eine Biogasanlage?
Kostencheck-Experte: Die Kosten sind zum größten Teil abhängig von der Dimensionierung der Anlage – grundsätzlich gilt hier: Je größer die Anlage, desto geringer die Kosten.
Kleinere Anlagen in einfacher Ausführung, die Substrate zumeist aus externen Lagerstätten (etwa von Landwirten) beziehen, sind heute für Kosten von rund 100.000 EUR bis 150.000 EUR zu realisieren.
Wenn solche Kleinanlagen mit einer Ganzpflanzensilage betrieben werden sollen, kommen dazu noch beträchtliche Kosten für Anbau und Ernte der Pflanzen. Auch die Transportkosten für das Substratmaterial und die laufenden Kosten für die Bewirtschaftung sind beträchtlich, weswegen die meisten Anlagen im unmittelbaren Umkreis der Anbauflächen errichtet werden.
Wirtschaftlich betrieben werden können solche Kleinanlagen aber zumeist nur, wenn das gewonnene Gas direkt verstromt wird – dabei muss die Abwärme ebenfalls möglichst direkt genutzt werden, um die Wirtschaftlichkeit sicherzustellen.
Für Landwirte, die Kleinanlagen auf dem eigenen Hof betreiben wollen, müssen im Vorfeld auch sehr genaue Berechnungen angestellt werden, um eine wirtschaftliche Dimensionierung der Anlage sicherzustellen.
Beispielhafte Richtwerte aus der Praxis
Substrat | Anlagengröße | Kosten pro m³ |
---|---|---|
NaWaRo | 500 m³/h | 4.800 EUR pro m³ |
NaWaRo | 250 m³/h | 6.000 EUR pro m³ |
Das zeigt bereits im Kleinen, dass mit steigender Anlagenleistung die Investitionskosten deutlich fallen. In der Praxis sind das aber nur sehr grobe Richtwerte – für die Planung müssen vielfältige weitere Faktoren in Betracht gezogen werden. Zusätzlich zu diesen Kosten fallen dann noch gegebenenfalls Kosten für die Verstromung (BHKW) und für die Installation der Anlage an. Wird kein BHKW betrieben, muss eine zusätzliche Wärmequelle für die Heizung des Fermenters angeschafft werden – bei den oben beschriebenen Leistungen der Anlage sind dafür noch rund 10.000 EUR zusätzlich zu kalkulieren.
Besonders wichtig ist, ob überhaupt genug Substrat kostengünstig vorhanden oder zu beziehen ist, um eine größere Anlage zu betreiben. Andernfalls können hohe Substratkosten und Substrattransportkosten die Wirtschaftlichkeit der gesamten Anlage schnell zunichte machen.
Frage: Welche Faktoren spielen für die Investitionskosten bei Biogasanlagen eine Rolle?
Kostencheck-Experte: Hier spielen eine Vielzahl von Faktoren für die Kosten der Anlage eine Rolle:
- wie groß die Anlage dimensioniert werden soll (Verfügbarkeit von kostengünstigen oder leicht zuführbaren Substraten)
- Eigenbedarf an Wärme und Strom
- Kosten für die notwendigen Erdarbeiten
- Kosten für die baulichen Anlagen in der gewählten Dimensionierung
- Kosten für die Substratübernahme
- Größe von Fermenter und Nachgärbehälter
- Kosten für die Errichtung der notwendigen Maschinenräume und Einhausungen
- Art der eingesetzten Technik
- Kosten für die Wasser-, Wärme- und Elektrikinstallationen
- Kosten für das gasführende System
- Kosten für die Gasverwertung (Blockheizkraftwerk, BHKW), Gaskessel)
- Kosten für die Aufbereitung
- Kosten für eine eventuelle Einspeisung des gereinigten Gases in das öffentliche Gasnetz
Alle diese Faktoren entscheiden am Ende mit über die Kosten der Anlage. In der Praxis ist die Entscheidungsgrundlage für die Dimensionierung, aber auch für die Art der Nutzung und die verbaute Technik immer eine sehr umfassende und möglichst solide Wirtschaftlichkeitsrechnung. Dabei müssen auch immer zusätzliche mögliche Einnahmequellen (Verkauf von Wärme, Dünger, etc.) mit berücksichtigt werden, um überhaupt zu einer wirtschaftlichen Nutzung zu gelangen.
Frage: Gibt es auch Anlagen für den einzelnen Haushalt?
Kostencheck-Experte: Im Grunde ist schon bei einer mittelgroßen Landwirtschaft die Rentabilität häufig fraglich. Wirklich wirtschaftlich arbeiten nur sehr groß dimensionierte Anlagen.
Für eine Anwendung im Haushalt ist die Technologie deutlich zu aufwendig und auch zu wenig lohnend.
Es gibt allerdings Versuche, sehr kleine Anlagen zu bauen, mit denen auch biologische Abfälle aus dem Haushalt zumindest einigermaßen nutzbringend verwertet werden können.
Erst vor kurzem hat ein Projekt aus Israel, Home Biogas, seine Crowdfinanzierung erfolgreich abgeschlossen und ist auf dem Markt erhältlich. Das System verwandelt 1 kg biologische Haushalts- und Gartenabfälle in ungefähr 200 l Methan, die dann für ungefähr 3 – 4 Stunden kochen genutzt werden können. Zusätzlich sollen auch rund 5 l – 8 l Dünger täglich durch den Betrieb der Anlage entstehen.
Die knapp 1,50 m x 1 m x 1 m große Anlage nimmt dabei nicht mehr Platz ein als ein gewöhnlicher Komposthaufen.
Die gesamte Anlage soll 650 USD kosten und auch von Laien ganz einfach zusammengesetzt und betrieben werden können.
Problematisch für den Betrieb sind niedrige Temperaturen – bei 20 °C arbeitet das System am effizientesten, bei darunter liegenden Temperaturen muss extern geheizt werden – was natürlich in unseren Breiten nur recht aufwendig möglich ist und zusätzlich Kosten verursacht.
Das ganze Konzept ist zwar technisch recht sicher – Genehmigungen für den Betrieb oder Zulassungen zum Aufstellen fehlen für den europäischen Markt aber bislang noch völlig. Zudem besteht ein nicht geringes Risiko: wenn Methan in die Atmosphäre entweicht, wirkt es dort fast 30 mal so schädlich wie Kohlendioxid. Ein sehr weit verbreiteter Betrieb solcher Anlagen könnte also für sich wiederum ein hohes Klimarisiko bedeuten, dem dann begegnet werden muss.
Immerhin scheint die Idee aber im Ganzen recht brauchbar zu sein – und stellt sicherlich eine Möglichkeit dar, für einzelne Haushalte ein wenig aktiver zu werden. Damit erledigt sich dann auch die Biotonne.