In insgesamt 11 Bundesländern können aktuell die Eigentümer von anliegenden Grundstücken für die Kosten einer Straßensanierung in die Pflicht genommen werden. Der Kostencheck-Experte erklärt in unserem Interview, mit welchen Kosten man dabei rechnen muss und auf welchem Weg die Kosten verteilt werden.
Frage: Mit welchen Kosten muss man als Anwohner überhaupt rechnen – und in welchen Fällen gilt das?
Kostencheck-Experte: Zunächst einmal ist die Voraussetzung dafür, dass man überhaupt bezahlen muss, eine entsprechende Vorgabe in den Landesgesetzen. Insgesamt 10 Bundesländer haben in ihrem Landesrecht aktuell noch eine solche Möglichkeit – in den übrigen, wie etwa in Baden-Württemberg und Berlin oder auch in Bayern gibt es seit einigen Jahren keine Kostenbeteiligung mehr.
In Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern werden die Straßenbaubeiträge im Laufe des Jahres 2019 landesweit abgeschafft, zum Teil gilt die Einstellung auch schon für früher begonnene Baumaßnahmen, für die dann rückwirkend keine Kosten mehr von den Eigentümern anliegender Grundstücke eingefordert werden.
Wenn es um die Höhe der Kostenbeteiligung der Anwohner geht, muss zunächst unterschieden werden zwischen:
- einer Anliegerstraße (wird hauptsächlich von den Eigentümern der anliegenden Grundstücke genutzt)
- eine Haupterschließungsstraße (wird von Anliegern, aber auch von innerörtlichem Verkehr genutzt)
- eine Hauptverkehrsstraße (vor allem vom Durchgangsverkehr genutzt, Nutzung durch die Anlieger ist vergleichsweise gering)
Bei einer Anliegerstraße tragen die Anlieger für die Erneuerungsmaßnahmen meist 75 % der Kosten, die übrigen 25 % der Kosten übernimmt die Kommune.
Bei einer Haupterschließungsstraße tragen die Anwohner meist 50 % der anfallenden Kosten, die andere Hälfte übernimmt die Kommune.
Bei einer Hauptverkehrsstraße sieht die Kostenverteilung dagegen vor, dass nur 25 % der Kosten von den Eigentümern anliegender Grundstücke übernommen werden, 75 % der Kosten jedoch von der Kommune getragen werden.
Abweichende Kostenanteile sind in einzelnen Kommunen möglich
Von diesen Regelungen kann im Einzelfall allerdings durch abweichende ortsrechtliche Satzungen der einzelnen Kommunen abgewichen werden – in den meisten Fällen übernimmt die Kommune bei solchen abweichenden Regelungen einen höheren Anteil an den Kosten als oben angegeben, selten einen niedrigeren.
Sanierung bedeutet Verbesserung, keine Erschließung
Unterscheiden muss man die Straßensanierung als nachträgliche Verbesserung von der für eine Sanierung im Rahmen Erschließungskosten für ein Grundstück. Wenn eine Straße für die Erreichbarkeit eines Baugebiets oder eines Grundstücks saniert werden muss, gelten andere Regelungen, die im Baugesetzbuch (BauGB), einem Bundesgesetz, niedergelegt sind.
Als Sanierungskosten im Sinne der Kommunalabgabenordnung gelten dagegen nur Maßnahmen, die die Qualität der Straße oder bestimmter Nebeneinrichtungen verbessern.
Das kann auch die Neuanlage von Parkflächen neben der Straße, ein zusätzlicher Fußweg oder Radfahrstreifen oder die Erneuerung der Regenwassersammlung sein. Auch die Begrünung der Straße und die Verbesserung der Straßenbeleuchtung gehören zu diesen Sanierungsarbeiten.
Eine Erneuerung der Straßendecke ist nur dann mit einer Kostenbelastung für die Bürger verbunden, wenn die gesamte Oberfläche der Straßendecke tatsächlich komplett und als Ganzes erneuert wird und seit der Erstaufbringung der Straßenoberfläche eine entsprechend lange Frist vergangen ist.
Reine Ausbesserungsarbeiten an der Straßenoberfläche gelten als Erhaltungsarbeiten und sind als solche zur Gänze von der Kommune zu tragen. Die Eigentümer anliegender Grundstücke werden in diesem Fall nicht zur Beteiligung an den Kosten aufgefordert. Das gilt auch für alle anderen Instandhaltungsleistungen an der Straße.
Kostenverteilung
Für die Verteilung der Gesamtkosten auf die einzelnen Grundstückseigentümer gibt es dann einen entsprechenden Schlüssel. Dieser Schlüssel richtet sich grundsätzlich nach:
- der Größe des Grundstücks (Quadratmeterzahl)
- das Maß der Nutzung des Grundstücks (Anzahl der Geschosse, Geschossfläche, etc.)
- gegebenenfalls Maß der gewerblichen Nutzung
Aus diesen Faktoren ergibt sich durch die Berechnung die sogenannte nutzbare Fläche eines Grundstücks, die als Verteilungsfaktor herangezogen wird.
Wie die nutzbare Fläche im Einzelnen genau errechnet wird, richtet sich nach den Satzungen der jeweiligen Kommune. Auch besondere Vorgaben für Grundstücke, die zur sogenannten „Hinterbebauung“ (nicht direkt an die Straße grenzendes aber mit der Straße verbundenes Grundstück) gehören und besondere Vorgaben für Grundstücke, die an Straßenecken liegen, können von Kommune zu Kommune unterschiedlich sein.
Kostenbeispiel aus der Praxis
In einer Gemeinde soll eine Anliegerstraße eine Einrichtung von Parkstreifen und eine komplette Erneuerung der Straßenbeleuchtung erfolgen. Zusätzlich wird begrünt.
Die Kosten für die Maßnahmen liegen insgesamt bei 250.000 EUR.
Die Summe der nutzbaren Flächen aller betroffenen Grundstückseigentümer beträgt 32.000 m².
Eine Errechnung der nutzbaren Fläche erfolgt in unserer Beispielgemeinde nach der Formel: halbe Grundstücksfläche plus Geschossfläche(n). Unser Reihenhaus hat ein 400 m² großes Grundstück und 130 m² Geschossfläche – damit beträgt die nutzbare Fläche in diesem Fall 330 m².
Tätigkeit | Kosten einmalig |
---|---|
Wert | Betrag |
Gesamtkosten | 250.000 EUR |
Anteil der Gesamtkosten, die auf Grundstückseigentümer verteilt werden (75 %) | 187.500 EUR |
Verteilung auf die gesamte nutzbare Fläche (32.000 m²) | 5,86 EUR pro m² nutzbare Fläche |
Kosten für uns als Eigentümer des Reihenhauses | 330 m² nutzbare Fläche x 5,86 EUR pro m² = 1.933,80 EUR Kostenbeteiligung |
Dieses Kostenbeispiel bezieht sich auf die Berechnungsgrundlagen für eine bestimmte Kommune und die Vorgaben der Kommunalabgabenordnung eines bestimmten Bundeslands und stellt lediglich ein Beispiel dar. Die Höhe Kostenbeteiligung sowie die Berechnungsweise der nutzbaren Fläche kann in anderen Kommunen auch abweichen.
Frage: Wovon hängt die Höhe der Kostenbeteiligung für eine Strassensanierung allgemein ab?
Kostencheck-Experte: Hier gilt es einiges zu berücksichtigen:
- ob im jeweiligen Bundesland in der Kommunalabgabenordnung (KAG) überhaupt eine Kostenbeteiligung der Grundstückseigentümer vorgesehen ist
- um welche Art von Straße es sich handelt
- um welche Art von Sanierungsmaßnahmen es sich handelt
- welche Höhe der Kostenbeteiligung die jeweilige Satzung der Kommune vorsieht
- wie groß die nutzbare Fläche des Grundstücks ist
- auf welche Weise die nutzbare Fläche des einzelnen Grundstücks berechnet wird
- ob es sich um ein Eckgrundstück oder eine Hinterbebauung handelt und ob es dafür besondere Berechnungswege gibt
Um die Kosten ermitteln zu können, muss man sowohl die Gesamtkosten als auch die Summe der nutzbaren Flächen der betroffenen Grundstücke kennen.
Gibt es Richtwerte für die Höhe der Kostenbeteiligung bei einer Straßenerneuerung?
Kostencheck-Experte: Nein, die Kosten können im Einzelfall ganz unterschiedlich liegen. Ausschlaggebend ist natürlich auch immer, wie umfangreich die getroffenen Maßnahmen bei einer Straßenerneuerung sind.
Nach dem Verband Deutscher Grundstückseigentümer liegen die Kosten für Grundstückseigentümer in den meisten Fällen allerdings zwischen 3 EUR pro m² und 50 EUR pro m² nutzbarer bei den meisten Sanierungen.