An allen Orten in Deutschland, wo ein öffentlicher Kanal in erreichbarer Nähe liegt, herrscht für Hausbesitzer die gesetzliche Pflicht, ihr Abwasser über diesen Kanal zu entsorgen. Welche Kosten für einen Abwasseranschluss anfallen, erklärt ausführlich der Kostencheck-Experte im Interview.
Frage: Welche Kosten muss man für einen Abwasseranschluss rechnen?
Kostencheck-Experte: Die Gesamtkosten für den Abwasseranschluss können von Neubau zu Neubau recht unterschiedlich ausfallen. Sie hängen vom jeweiligen Anschlussort (Kommune) und von der gegebenen Anschluss-Situation auf dem Grundstück ab.
Zu beachten ist zunächst, von welchen Kosten man spricht
- von den zu entrichtenden Gebühren
- von den tatsächlichen Arbeitskosten
Beide zusammen ergeben die Gesamtkosten für den Kanalanschluss. Zusätzlich können noch Nebengebühren anfallen, die mit den Arbeiten zusammenhängen (Einholen von Sperr- und Aufgrabegenehmigung, Verkehrssicherungsmaßnahmen, Messkosten, Kippgebühren für den Erdaushub, etc.).
Die Gebühren sind je nach Kommune sehr unterschiedlich. Für die Anschlussgebühren gelten auch von Kommune zu Kommune unterschiedliche Berechnungsgrundlagen.
Die tatsächlichen Arbeitskosten umfassen das Herstellen einer Baugrube in der erforderlichen Tiefe und das Verlegen der Rohrleitungen sowie das Schließen der Baugrube. Abhängig von den Gegebenheiten vor Ort (Bodenbeschaffenheit, erforderliche Anschlusslänge, erforderliche Tiefe der Verlegung, etc.) können die Kosten auch hier sehr stark variieren.
Kostenbeispiel aus der Praxis
Für den Abwasseranschluss eines Hauses muss eine sehr lange Strecke von 30 m überwunden werden. Es sind keine Blindleitungen auf dem Grundstück vorhanden. Der Leitungsdurchmesser beträgt DN 150. Es wird 1 Revisionsschaft hergestellt.
Posten | Preis |
---|---|
Aufgrabe- und Sperrgenehmigung | 65 EUR |
Gebühr: Anordnung von Verkehrsbeschränkungen | 55 EUR |
Gebühr: Aufstellen von Verkehrssicherungseinrichtungen | 85 EUR |
Einmessen | 47 EUR |
Graben herstellen (30 m) | 8.500 EUR |
Leitungsverlegung bis Grundstücksgrenze – Gebühr | 3.500 EUR |
Leitungsverlegung auf Grundstück | 1.400 EUR |
Revisionsschacht samt Einbau | 2.500 EUR |
Dichtigkeitsprüfung | 240 EUR |
Gesamtkosten | 16.392 EUR |
Hierbei handelt es sich lediglich um ein Kostenbeispiel für einen konkreten Einzelfall. Die Kosten in anderen Fällen können auch deutlich unterschiedlich liegen.
Im Kostenbeispiel verursachte vor allem die große Anschlusslänge enorme Kosten. In anderen Fällen können die Kosten für den Kanalanschluss über geringere Länge auch 10.000 EUR weniger kosten.
Frage: Von welchen Faktoren hängen die Kosten für den Abwasseranschluss ab?
Kostencheck-Experte: Allgemein spielen für die Arbeitskosten eine Rolle:
- der Ort der Baustelle (Kommune)
- die erforderliche Anschlusslänge
- die Bodenbeschaffenheit (Bodenklasse, sogenannte „Erschwernisse“ wie Fließsand oder hohe Grundwasserstände)
- die Tiefe des Rohrverlaufs
- Art und Durchmesser (DN) der Anschlussrohre
- die Art der Rohr-Einbettung
- die Anzahl der Revisionsschächte (mindestens 1 Schacht, bei gewinkeltem Verlauf mindestens 1 Schacht nach jedem Knick)
Für die Gebühren spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle:
- die Art der Herstellung (während öffentlicher Kanalarbeiten, nachträglich an eine sogenannte Vorstreckung oder Blindleitung oder nachträglich)
- Grundpreis und Meterpreis
- Baukostenzuschuss je Meter Straßenlänge
- Durchmesser der Rohre (über DN 250 werden häufig Zusatzgebühren von bis zu 1.000 EUR und zusätzlich 50 EUR oder mehr pro Meter erhoben)
- Grundstückslänge
- Grundstücksbreite an der Straßenfront
- Anzahl der Geschosse des Gebäudes, das errichtet wird
Jede Kommune setzt dabei eigene Berechnungskosten für die Anschlussgebühren fest. In einigen Kommunen können die Kosten für die Verlegung von Trinkwasser- und Abwasserleitungen auch gegengerechnet werden, wenn sie auf der gleichen Trasse verlegt werden.
Die Anschlussgebühren können also immer nur bezogen auf die Kommune und ein konkretes Anschlussvorhaben individuell berechnet werden – pauschale, deutschlandweit geltende Angaben sind hier nicht möglich.
Frage: Welche Rolle spielt die Bodenbeschaffenheit für die Kosten beim Kanalanschluss?
Kostencheck-Experte: Die vorhandene Bodenklasse und die Bodenbeschaffenheit spielen eine große Rolle für die Kosten der Erdarbeiten. Die Kosten für Erdarbeiten können sich allein durch die Bodenklasse enorm erhöhen. Die vorhandene Bodenklasse (2 – 7) erfährt man aus dem bei jedem Bau verpflichtend zu erstellenden Bodengutachten.
Während bei Bodenklasse (3 – 4) meist Kosten von rund 10 EUR pro m³ für den nötigen Erdaushub anfallen, können in Bodenklasse 6 oder 7 (Felsenboden oder sogenannter „Sprengboden“) Kosten von bis zu 80 EUR pro m³ anfallen. Sogenannte „Erschwernisse“ (Wassereinbrüche im Graben, Fließsand, etc.) können ebenfalls noch teure Extrakosten verursachen.