Die Strompreise in Deutschland sind nicht nur im EU-Vergleich besonders hoch, sondern dazu auch noch sehr unübersichtlich. Was 1 kWh tatsächlich kostet, erklärt ausführlich der Kostencheck-Experte im Interview.
Frage: Was kostet 1 kWh?
Kostencheck-Experte: Das kann man pauschal gar nicht beantworten. Die Kosten pro kWh hängen für den Verbraucher immer auch davon ab, welchen Stromtarif er gewählt hat, welchen Verbrauch er hat und von welchem Anbieter er Stroms bezieht.
Dabei muss man zunächst unterscheiden zwischen:
- dem Börsen-Strompreis
- dem Strompreis für private Haushalte mit durchschnittlichem Verbrauch
- dem Strompreis für private Haushalte mit Spezialtarifen
- den Strompreis für Stroms aus der eigenen Photovoltaikanlage (eigene Stromerzeugungskosten)
Der Strompreis an der Börse ist der Preis, den Stromeinkäufer auf den internationalen Strommärkten bezahlen müssen. Für Privatverbraucher spielt dieser kWh-Preis nur eine geringe Rolle.
Die Preise auf dem Strommarkt schwanken in den letzten Jahren sehr deutlich, seit dem Tief von knapp über 0,02 EUR pro kWh im Jahr 2016 und einem Hoch von knapp über 0,05 EUR pro kWh gegen Ende des Jahres 2018 pendeln sie aktuell zwischen 0,03 EUR pro kWh und 0,04 EUR pro kWh. Dieser Strompreis gilt, wie gesagt, aber nur für institutionelle Stromeinkäufer (etwa Stromversorger).
Für den privaten Haushalt mit durchschnittlichem Verbrauch liegt der Strompreis – abhängig vom gewählten Tarif und Anbieter bei durchschnittlich 0,30 EUR pro kWh. Durch Tarifvorteile und Anbieterwechsel können im Mittel 1 – 3 Cent pro kWh gespart werden.
Wer einen sogenannten Schwachlasttarif nutzt, zahlt deutlich weniger für die kWh. Schwachlasttarife kosten in Deutschland im Mittel um die 0,20 EUR pro kWh. Sie werden auch als „Wärmepumpen-Tarif“, „Nachtstrom“ oder „Nachtspeicherheizungstarif“ angeboten.
Auch beim selbst erzeugten Stroms aus der Photovoltaikanlage müssen Erzeugungskosten berücksichtigt werden. Zwar wird Photovoltaikstrom immer als „kostenlos“ angepriesen, rechnet man aber alle Kostenfaktoren mit ein (Anschaffung, Wartung und Versicherung der Anlage, Einkommenssteuer auch für selbst verbrauchten Stroms) kommt man erfahrungsgemäß auf Erzeugungskosten von 0,08 EUR pro kWh bis 0,012 EUR pro kWh. Wird bei Selbstverbrauch auch noch ein Stromspeicher eingesetzt, müssen dessen Kosten noch zusätzlich berücksichtigt werden. Bei modernen Stromspeichern kann man man von rund 0,17 EUR pro kWh bis 0,22 EUR pro kWh an zusätzlichen Kosten für die Stromspeicherung ausgehen.
Kostenbeispiel aus der Praxis – Stromkostenrechner
Ein Einfamilienhaus hat einen Strombedarf von 6.500 kWh pro Jahr für eine Wärmepumpe. In der nachfolgenden Tabelle sind die Kosten pro kWh und die Auswirkung in unterschiedlichen Situationen angegeben.
Stromart | Kosten pro kWh | Gesamtkosten für Wärmepumpe pro Jahr |
---|---|---|
Normalstrom | 0,295 EUR pro kWh | 1.917,50 EUR pro Jahr für die Wärmepumpe |
Schwachlasttarif | 0,19 EUR pro kWh | 1.235 EUR pro Jahr für die Wärmepumpe |
Photovoltaikanlage bei direkter Verwertung (es erfolgt keine Speicherung) | 0,11 EUR pro kWh | 715 EUR pro Jahr für die Wärmepumpe |
Photovoltaikanlage mit angeschlossenem Stromspeicher (Zwischenspeicherung des erzeugten Stroms vor dem Verbrauch) | 0,29 EUR pro kWh | 1.885 EUR pro Jahr für die Wärmepumpe |
Hierbei handelt es sich nur um ein einzelnes Kostenbeispiel für einen konkreten Einzelfall. Die Kosten in anderen Fällen können unterschiedlich liegen.
Frage: Von welchen Faktoren hängen die Kosten für die kWh im Privathaushalt ab?
Kostencheck-Experte: Der Strompreis pro kWh hängt ab von:
- dem Grundpreis (abhängig vom gewählten Tarif und Anbieter)
- dem sogenannten Arbeitspreis (Kosten pro verbrauchter kWh, ebenfalls abhängig vom gewählten Tarif und Anbieter)
Der Strompreis wird dabei bestimmt von:
- Steuern, Abgaben und Umlagen (rund 50 % der Kosten, abhängig von gesetzlichen Vorgaben)
- Netzentgelten (rund 25 % der Kosten, abhängig von gesetzlichen Vorgaben und Aufwand der Stromanbieter
- Erzeugungskosten des Stroms (rund 20 % – 25 % der Kosten, abhängig vom Stromerzeuger)
Fast die Hälfte der Stromkosten entfallen also auf staatliche Gebühren und Abgaben. Die Politik hat wesentlichen Einfluss auf den Strompreis.
Frage: Welchen Einfluss hat der Stromtarif auf die Kosten für 1 kWh?
Kostencheck-Experte: Grund- und Arbeitspreis bestimmen am Ende die Stromkosten.
Bei hohem Verbrauch kann ein Tarif mit etwas höherem Grundpreis, dafür aber niedrigerem Arbeitspreis gewählt werden. Umgekehrt lohnt sich oft ein höherer Verbrauchspreis und dafür ein niedrigerer Grundpreis, wenn der Verbrauch im Haushalt nur gering ist.
Das ist Sache einer Tarifoptimierung für den jeweils gegebenen, individuellen Verbrauch. Bei einem Wechsel des Stromanbieters werden Netz- und Leitungsgebühren an den Grundversorger bezahlt, die Kosten je kWh jedoch an den gewählten Anbieter.
Frage: Welche anderen Stromarten gibt es noch?
Kostencheck-Experte: Auf Campingplätzen und bei anderen Bereitstellern von elektrischer Energie werden häufig deutlich höhere Preise verlangt. Das kann bis zu 1,00 EUR pro kWh gehen. Auch öffentliche Ladesäulen sind häufig teurer als Haushaltsstrom.
Wenn beim Hausbau Baustrom bezogen wird, muss für die kWh ebenfalls ein höherer Strompreis einkalkuliert werden.